Kleine Zeitung Kaernten

Blinder Kletterer bezwingt den Everest Gestern stand der Osttiroler Andy Holzer als erst zweiter blinder Profibergs­teiger auf dem Everest.

- Von Andreas Kanatschni­g

Es war ein Zittern bis zuletzt. Wird Andy Holzer es schaffen oder nicht? Er schaffte es. Der „Blind Climber“(blinde Kletterer) aus Osttirol stand gestern um 7.10 Uhr auf dem Gipfel des Mount Everest – bei minus 26 Grad und Windstille. Er ist damit der zweite Blinde, der auf den sieben höchsten Bergen der Weltkontin­ente stand. „Ich kann es noch gar nicht realisiere­n“, jubelte er später beim Telefonat mit seiner Frau, „mein verstorben­er Vater ist mit mir gegangen.“

„Seven Summits“heißt das Zauberwort. Diese historisch­e Leistung gelang Holzer mit Unterstütz­ung von Bergführer Daniel Kopp von „Furtenbach Adventures“und den Heeresberg­führern Wolfgang Klocker und Klemens Bichler. Das Team um Holzer und die Sherpas war ges- tern wieder im Camp 3 und steigt bis heute ins ABC (Advanced Base Camp) ab.

Die Ehefrau des Bergsteige­rs, Sabine Holzer, wollte in den Stunden zuvor gar nicht daran denken, was das alles bedeutet: „Den Gedanken an den EverestGip­fel habe ich immer verdrängt.“Es war bereits die 20. Expedition ihres Mannes, die sie als „Bodenperso­nal“und Bloggerin miterlebte. Der Mount Everest, höchster Berg der Welt, ist dennoch eine ganz andere Dimension. „Als ich mit ihm noch vor dem Weg zum Gipfel telefonier­t habe, war Andy gut drauf. Er hatte einen Puls wie zu Hause. Auch seine Stimme klang gut.“

Anfang April waren Holzer, Klocker und Bichler in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, angekommen. Das Ziel: der 8848 Meter hohe Mount Everest. Für Andy Holzer sollte es der letzte der „Seven Summits“sein. Es war bereits sein dritter Anlauf. 2015 vereitelte ein Erdbeben den Aufstieg, 2014 eines der schwersten Lawinenung­lücke der Geschichte der EverestBes­teigungen.

Ich kann es noch gar nicht realisiere­n und ich freue mich wahnsinnig

auf zu Hause.

Andy Holzer zu seiner Frau

Am 14. April erreichten sie das Basislager auf 5165 Meter Seehöhe. Holzer nahm die Nordroute, kam also von der chinesisch­en Seite aus. Die Tage wurden vor allem mit Akklimatis­ieren verbracht. Als Bergsteige­r läuft man in diesen Höhen immer Gefahr, an der Höhenkrank­heit zu erkranken.

Der Verlauf der Expedition war reibungslo­s. „Die EverestMet­eorologen hatten noch nie eine so schwierige Saison, was die Prognose von Wetter- und Windgeschw­indigkeit betrifft. Am Gipfeltag ist der Wind der Schlüsself­aktor. Ist er zu stark, ist eine Besteigung unmöglich“, sagt Lukas Furtenbach von „Furtenbach Adventures“, die die Expedition organisier­ten.

Am 46. Tag der Expedition stiegen Holzer und sein Team in Camp I auf 7005 Meter Höhe auf. Es war der erste Schritt in Richtung Gipfel. „Furtenbach Adventures“meldeten an diesem Tag: „Der beginnende Monsun in Indien öffnet das Wetterfens­ter mit niedrigen Windgeschw­indigkeite­n in Gipfelhöhe. Unser Team startet zum Nordsattel.“Am Samstag, dem 20. Mai, kam das Team im Lager 3 auf 8300 Metern an. „Das Team wird in der Nacht zum Gipfel aufbrechen. Andy Holzer wäre der erste Blinde, der von der Nordseite aus auf dem Everest stehen würde“, sagte Lukas Furtenbach.

Für einen anderen EverestBes­teiger ging es gestern nicht so gut aus. Der 50-jährige USAmerikan­er war Mitglied einer britischen Gruppe, die den Gipfel erreichen wollte. Er kam jedoch ums Leben, die genauen Umstände sind noch unklar.

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Gipfelsieg
FURTENBACH ADVENTURES (2) Andy Holzer (Mitte) mit Bergsteige­r-Kollegen auf dem Weg zum Gipfelsieg
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Am Fixseil unterwegs zum Nordsattel

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