Der Widerstand ist glamourös und ekstatisch
Kunstraum, Bühne, Partyzone. Ein Besuch im neuen Festivalzentrum der Festwochen in Favoriten. Es gärt und glitzert.
Jetzt aber. In Wien hat, eine Woche nach der offiziellen Eröffnung der Festwochen, das Performeum in der Laxenburger Straße aufgesperrt. Als Showbühne, Ausstellungsraum, Partyzone soll der Schauplatz im Umfeld von Tankstelle und Puff bis Mitte Juni das Herzstück von Tomas ZierhoferKins erster Saison als Festwochen-Intendant werden. Das dürfte dauern. Das ehemalige Bierdepot hinter dem Hauptbahnhof ist deutlich schütterer besucht, es geht im Festivalzentrum an der Peripherie zu, wie es an solchen Orten stets zugeht: An der Bar ein paar Unverdrossene, der Rest der Stadt vergnügt sich anderswo.
Was schade ist, denn hier könnte man sich in einem aufblasbaren Hamam einschäumen, massieren und mit Expertenvorträgen über Themen wie Postkolonialismus und Postorientalismus verwöhnen lassen. Der Ort soll nämlich „Wissen ausdünsten“. Oder man könnte sich das „Death Center for the Living“des Brasilianers Daniel Lie ansehen, da welken, gären, kompostieren Gräser, Blumen, Früchte in einer Installation der Vergänglichkeit.
Das erste Wochenende hier ist vor allem queer-ekstatischen Formen des Widerstands gegen Konformitätsdruck gewidmet, in Halle 4 haben dafür Diego Montoya und Michelle Sutherland mehrere Bühnen aus satinbezogenenen Sitzsäcken und glitzernden Lamettavorhängen eingerichtet. US-Kurator Ben Pryor bestückt seine Show mit Performern, die das Uneindeutige glamourös zelebrieren. „House of Realness“heißt das Projekt, es greift etliche Motive queerer Selbstdarstellung auf, die Jennie Livingston 1990 in ihrer Doku „Paris Is Burning“erstmals ausgestellt hat. Am offensichtlichsten zitieren die Performances von Wendell Cooper/Mx. Oops mit STEFA* und Slim Ninja die Drag Balls, die sich in New Yorks schwuler schwarzen und Latino-Subkultur der letzten Jahrzehnte manifestiert haben. Der Abend gehört aber dem Chansonnier Justin Vivian Bond. Im Katzen-TShirt trägt Bond mit großer Geste Balladen von Joni Mitchell vor. Queerer Glamour ist Widerstand per se: So einfach kann das auch gehen.