Sind heimische Fische in Gefahr?
FAKTENCHECK. Laut der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission gehen die Fischbestände vor allem im Mittelmeer dramatisch zurück. Aber wie sieht es in Österreichs Gewässern aus?
1 Wie ist es um den Fischbestandzurzeit in Österreich bestellt?
ANTWORT: „Die Fischbestände brachen und brechen weltweit zusammen. Nicht nur in den Meeren, sondern auch im Süßwasser. Auch in Europa leiden die Fischbestände seit Langem, daher auch bei uns in Österreich“, warnt Helmut Belanyecz, Präsident des Österreichischen Kuratoriums für Fischerei und Gewässerschutz. Eine Studie einer britischen Universität zeige ein Verschwinden von 58 Prozent der Wirbeltiere im Süßwasser. Laut dem Bundesamt für Wasserwirtschaft, einer nachgeordneten Dienststelle des Umweltministeriums, bewegen sich die aktuellen mittleren Fischbestände der einzelnen Seen zwischen wenigen Kilogramm pro Hektar und vereinzelt bis zu 200 Kilogramm pro Hektar. Aktuelle Fischdaten (die sich auf ausgewählte Messstellen beziehen) würden zeigen, dass in Fließgewässern etwa 40 Prozent der gemessenen Stellen einem guten oder besseren Zustand entsprechen. Zu beachten sei aber, dass es bei den Fischbeständen natürliche Schwankungen gebe, was langfristige, generell gültige Aussagen schwierig mache.
2 Wie entwickelte sich der Bestand in den vergangenen Jahrzehnten?
ANTWORT: Laut Belanyecz war der Fischreichtum in Österreich bis ins 19. Jahrhundert „unvorstellbar groß. Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus bitterer Notwendigkeit der Fischbesatz gesetzlich vorgeschrieben. Selbst in ,guten‘ Gewässern wie Voralpen-Flüssen ist der Fischbestand auf rund zehn Prozent gegenüber dem vorindustriellen Level gefallen.“Das Bundesamt lässt dazu wissen, dass in den 1960er- bis 1980er-Jahren die heimischen Seen durch eine starke Eutrophierung (Überdüngung) geprägt waren. „Vor allem durch den Bau von Ringleitungen wurde die Wasserqualität aber deutlich verbessert.“Aktuell liegen die jährlichen Erträge laut Bundesamt wieder auf dem Niveau des Zeitraumes vor der massiven Eutrophierung. Bei den Fließgewässern erfolgten mit dem nationalen FischMonitoring-Programm an 350 Gewässerstrecken rund 2000 Fischbestandserhebungen. Zwischen 2007 und 2016 konnte demnach bei etwa 60 Prozent dieser Gewässerstrecken keine wesentliche Veränderung des fischökologischen Zustandes festgestellt werden, etwa 20 Prozent wiesen eine Verbesserung auf, ebenso 20 Prozent eine Verschlechterung.
3 Welche Arten sind hierzulande vom Aussterben bedroht?
ANTWORT: Das Bundesamt sieht in Seen vor allem Probleme bei den sogenannten Klein-
fischarten wie Elritze, Koppe, Schmerle oder Bitterling, die zwar keine kommerzielle, aber eine hohe ökologische Bedeutung hätten. In Flüssen verweist das Bundesamt auf die Rote Liste der Fische Österreichs aus dem Jahr 2007: Demnach sind unter anderen der Steingressling, der Sterlet oder der Schlammpeitzger vom Aussterben bedroht, Huchen, (Wild-) Karpfen oder Schied stark gefährdet. Für Belanyecz hingegen sind von den rund 80 Fischarten in Österreich fast alle gefährdet, vor allem Salmoniden wie Äschen, Bachforellen, Huchen, Seesaiblinge oder Renken seien besonders betroffen.
4 Welche sind aktuell die größten Gefahren für den heimischen Fischbestand?
ANTWORT: Während dem Bundesamt der Klimawandel, Fremdfischarten oder nicht standortgerechter Fischbesatz Sorgen bereiten, sind Belanyecz fischfressende Tiere und vor allem die 5700 Wasserkraftwerke in Österreich ein Dorn im Auge. Eine Überfischung bei einzelnen Beständen sehen weder das Ministerium noch Belanyecz als Problem.
5 Was wird für den Fischbestand in Österreich getan?
ANTWORT: „Die Fischereivereine stecken viel Arbeit und Geld in die Renaturierung der Ufer und Gewässer. Nebenarme werden wieder ausgebaggert, Flachzonen und Buchten werden angelegt und vieles mehr. Dort können die Fische wieder ablaichen, dort können Jungfische wieder aufwachsen“, ist Belanyecz stolz. Darüber hinaus mahnt er, dass der „Umweltschutz nicht an der Wasseroberfläche aufhören darf “. Das Bundesamt verweist auf Investitionen für spezielle Maßnahmen zur Verbesserung des fischökologischen Zustandes in Fließgewässern und Seen. Dazu zählen unter anderem der Bau von Fischaufstiegshilfen zur Wiederherstellung der Gewässerdurchgängigkeit oder bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensraumqualität.