„Nennt mich einfach Tedros“
Mit Tedros Adhanom Ghebreyesus wird erstmals ein Afrikaner WHO-Chef.
Der Kandidat sprach vom Tod seines Bruders. Der Bub, sieben Jahre alt, starb an einer der Kinderkrankheiten, die in Afrika so viele junge Leben beenden. Dann sagte der Kandidat, es sei fast ein Wunder, dass er überlebt habe. Mit diesen persönlichen Worten eroberte der Äthiopier Tedros Adhanom Ghebreyesus die Sympathien vieler Delegierter. Kurz darauf wählten sie den 52-Jährigen mit großer Mehrheit zum Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation. Sie, das waren die Vertreter der WHO-Mitgliedsländer. Und bevor Tedros am 1. Juli in Genf seinen neuen Job antritt, machte er klar: „Nennt mich einfach Tedros.“
Auf den früheren Gesundheits- und Außenminister Äthiopiens wartet ein schweres Erbe: Die Weltgesundheitsorganisation mit 8000 Mitarbeitern schlitterte unter Tedros’ Vorgängerin Margaret Chan in eine schwere Krise. Sie hatte viel zu spät auf die furchtbare Ebola-Epidemie in Westafrika reagiert, mindestens 11.000 Menschen starben.
Tedros, Immunologe und Doktor der öffentlichen Gesundheit, will die WHO besser gegen Seuchen wappnen. „Epidemien können jederzeit zuschlagen“, betont der erste Afrikaner an der Spitze der 1948 gegründeten Organisation. Der Malaria-Experte plant, die KrisenEinheiten der WHO auszubauen. Ärzte, Pfleger und andere Gesundheitsexperten sollen schneller zu den Brennpunkten eilen. Der fünffache Vater will auch die Welt näher an einen Idealzustand führen: „Jeder Mensch soll eine Gesundheitsversorgung erhalten“, gibt er als Parole aus. Doch diese Mission dürfte in Tedros’ fünfjähriger Amtszeit kaum zu schaffen sein. Noch gehen Milliarden Menschen so gut wie nie zu einem Arzt.