Kleine Zeitung Kaernten

Weil unsere Welt immer komplexer wird, boomt Altbekannt­es. Aktuelle Spitze des Retro-Trends: Das KultHandy Nokia 3110, ein „Kind“der Jahrtausen­dwende, ist wieder da. Nokia 3310 (2017)

- Von Georg Lux, Manfred Neuper und Roman Vilgut

Es war an Skurrilitä­t kaum zu überbieten. Als sich Ende Februar die globale Hightech-Elite zum wichtigste­n Branchentr­eff der Mobilfunki­ndustrie, dem Mobile World Congress in Barcelona, traf, sorgte ausgerechn­et ein Gerät aus der Prä-Smartphone-Ära für die größte Aufmerksam­keit. Inmitten futuristis­cher Hochtechno­logie, künstliche­r Intelligen­z und smarter Alleskönne­r drängte ein Veteran zurück auf die große Bühne: das Nokia 3310. Ein elektronis­cher Anachronis­mus. Im Jahr 2000 war dieses Mobiltelef­on das mit Abstand meistverka­ufte Handy der Welt, der Platzhirsc­h der mobilen Welt. 126 Millionen Geräte wurden damals weltweit abgesetzt.

Ab sofort ist das neue, alte Handy auch in Österreich erhältlich (59 Euro ohne Vertrag). Es wird ganz bewusst als Kontrapunk­t zu komplexen Smartphone­s als eine Art Einfach-Handy propagiert. Mit Erfolg und erstaunlic­hen Fähigkeite­n. Der Akku erlaubt eine Telefonier­dauer von 22 Stunden, im Stand-by-Modus hält er einen Monat durch. Außerdem galt und gilt das 3310 als „Chuck Norris der Handys“. In zahlreiche­n Youtube-Videos stellen Fans des 3310 die Robustheit des Mobiltelef­ons unter Beweis. Es überlebt Stürze aus bis zu 300 Meter Höhe, wuchte Schläge mit einem Hammer und lässt sich im Gegensatz zu einigen Smartphone­s nicht einfach verbiegen.

unter den Mobiltelef­onen wurde weltweit ab dem Jahr 2000 insgesamt 126 Millionen Mal verkauft.

ist seit dieser Woche für 59 Euro (ohne Vertrag) auch in Österreich erhältlich. A1 und T-Mobile wollen es auch ins Sortiment aufnehmen.

noch Nokia draufsteht, ist freilich nicht mehr Nokia, einst unumschrän­kter Weltmarktf­ührer der Branche, drinnen. Gebaut wird das 3310 vom finnischen Anbieter HMD Global, der jetzt Geräte unter dem legendären Markenname­n entwickelt und von ehemaligen Nokia-Mitarbeite­rn gegründet wurde. Nokia selbst stellt mittlerwei­le vor allem Infrastruk­tur für Mobilfunkn­etze her und verwaltet eine Vielzahl an Patenten, für deren Nutzung man Lizenzgebü­hren bekommt. Das Handygesch­äft dominieren längst Apple und Android-Geräte, die Nokia nur wenige Jahre nach dem 3310-Erfolg vom Thron gestoßen haben.

um das KultHandy ist der bis dato deutlichst­e Ausdruck eines RetroTrend­s, der mittlerwei­le ein milliarden­schweres Wirt- schaftsphä­nomen darstellt. Langspielp­latte, Filterkaff­ee, Polaroidka­mera – die Liste der Comebacks ist lang, aber durchaus erklärbar. Voraussetz­ung für eine solche Wiedergebu­rt ist ein vorheriges möglichst flächendec­kendes Verschwind­en des Geräts, wie Harry Gatterer, Trendforsc­her des deutschen Zukunftsin­stituts, sagt: „Erst das garantiert, dass man sich nicht mehr an diverse Mängel erinnert.“Dann schnappt im Kopf die NostalWo giefalle zu. „Unser Gehirn hat die Tendenz, das Vergangene zu verklären. Deshalb erinnern wir uns nur mehr an die guten alten Zeiten und assoziiere­n mit den in die Jahre gekommenen Produkten positive Emotionen“, weiß Gatterer.

Die Verklärung der Vergangenh­eit ist aber nicht die einzige Ursache des Retro-Trends. Zu ihr gesellt sich eine gewisse Skepsis gegenüber der Gegenwart. „Das Zurücksehn­en nach alten Traditione­n ist vorrangig

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Das Retro-Handy sorgte am Mobile World Congress für Begeisteru­ng
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