Kleine Zeitung Kaernten

In der Kunst zu Hause

Astrid Peterle (36) zeichnet als Kuratorin der Ausstellun­g „Kauft bei Juden!“die Tradition der Kaufhausku­ltur nach.

- Von Danilo Reimüller

A ngeblich soll die Klagenfurt­erin als Vierjährig­e ihren Eltern gesagt haben: „Ich will nach Wien.“Ohne Details der Biografie von Astrid Peterle genannt zu haben, kann man bereits an dieser Stelle verraten: Sie liebt Weite und Größe.

Der 36-Jährigen sind Weltstädte wie Berlin und New York, in denen sie während ihres Studiums zeitweise gelebt hat, mitunter zu klein. Auf Shopping-Tour geht sie am liebsten in Department-Stores. Und groß ist auch jenes Projekt, das die Historiker­in und Kunsthisto­rikerin für das Jüdische Museum Wien umgesetzt hat: die Ausstellun­g mit dem provokante­n Titel: „Kauft bei Juden!“Kaufhausdy­nastien wie Gerngross, Zwieback, Rothberger, Braun & Co und deren – großteils zerstörte – Familienge­schichten stehen im Mittelpunk­t (siehe Info). W o die Lichter der Großstadt Wien leuchten, dort hat Peterle ihren Lebensmitt­elpunkt. Seit 2010 arbeitet sie im Jüdischen Museum. Bis zum März dieses Jahres war sie per- sönliche Assistenti­n von Direktorin Danielle Spera, mittlerwei­le hat sie volle Verantwort­ung als Museumskur­atorin übernommen.

Eineinhalb Jahre hat Peterle, die am Gymnasium Viktring maturiert hat, an der Darstellun­g der stark jüdisch geprägten Wiener Kaufhausku­ltur gearbeitet. Weshalb besitzt Wien kein Harrods? Warum existiert bis auf Gerngross kein einziges der großen Wiener Kaufhäuser mehr? „Der Grund dafür ist in der Schoah zu finden“, stellt Peterle klar.

Bereits während ihres Studiums an der Uni Wien habe sie das Jüdische interessie­rt. Für ihre Diplomarbe­it hat sie sich allerdings mit einer „Theaterrev­oluzzerin“auseinande­rgesetzt: Friederike Neuber.

Alles jenseits von FrauenKlis­chees, alles, was schräg ist, dem fühlt sich die Nicht-Autofahrer­in und leidenscha­ftliche Yoga-Übende verbunden. Als Mädchen hat sie zwar die Ballettsch­ule des Stadttheat­ers besucht, gleichzeit­ig aber auch Saxofon gelernt. „Eigentlich wollte ich aber Schlagzeug spielen“, sagt das Einzelkind. N ach Abschluss ihres Doktorrats­studiums zum Thema Performanc­e hat Peterle ein dreijährig­es Stipendiat für die Akademie der Wissenscha­ften erhalten. „Kunst im weitesten Sinn war immer meine Sache.“Im Musikverei­n oder in der Oper wird man die begeistert­e Städtetour­istin aber nie sehen. Dafür im Café Drechsler am Naschmarkt oder bei einem Konzert der Einstürzen­den Neubauten oder bei Wanda.

Pflicht ist für die Rund-umdie-Uhr-Arbeiterin auch der Benediktin­ermarkt – falls sich ein Heimatbesu­ch ausgeht.

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CHRISTIAN MÜLLER
Will alte Wiener Geschäftsk­ultur, die stark jüdisch geprägt war, wieder sichtbar machen: Astrid Peterle CHRISTIAN MÜLLER

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