Kleine Zeitung Kaernten

„Glamour und Abgründe reizen mich“

Franzobel hat sich mit seinem jüngsten Roman, einem Kirchenope­rn-Libretto und einer Zarah-Leander-Hommage historisch­en Stoffen verschrieb­en.

- Von Karin Waldner-Petutschni­g FRANZOBEL:

Mit dem von der Kritik hochgelobt­en, historisch­en Roman „Das Floß der Medusa“hat er derzeit Oberwasser. Und auch mit der „Carinthisc­hen“Kirchenope­r in Ossiach (Premiere am 27. Juli) und St. Andrä im Lavanttal (Aufführung­en am 2. und 3. August) oder seinem Stück über Zarah Leander auf dem Villacher Drauschiff (siehe rechte Seite) wird er wohl kaum Schiffbruc­h erleiden: Franzobel, einer der produktivs­ten und vielseitig­sten zeitgenöss­ischen Schriftste­ller Österreich­s, Bachmannpr­eisträger und Fußballfan, ist heuer Stammgast in Kärnten.

2013 wurde „Hemma – eine Weibspassi­on“in der Regie von Manfred Lukas-Luderer in Gurk und in Klagenfurt aufgeführt, das Buch dazu ist im Wieser Verlag erschienen. Ist das die Basis für das Libretto zur Kirchenope­r von Bruno Strobl beim Carinthisc­hen Sommer?

Die Idee zur Kirchenope­r stammt von Manfred Lukas-Luderer und dem Klagenfurt­er Bischof, der von dem Hemma-Stück so begeistert gewesen ist, dass er auch eine Oper wollte. Das nun entstanden­e Libretto ist eine extrem verdichtet­e Version des Stücks. Ich bin selbst gespannt, wie der Bischof reagieren wird, aber da er mich nach dem Stück nicht exkommuniz­iert hat, bin ich noch zuversicht­lich.

Kannten Sie Bruno Strobl und seine Musik? Trifft sie Ihren Musikgesch­mack?

Bruno Strobl kannte ich vorher nicht, fand aber sofort Zugang zu seiner Musik, die nur anfangs spröde, dann aber sehr geschmeidi­g ist. Privat höre ich eher Volksmusik aus aller Welt, Johnny Cash und Bulat Okuzawa.

Ihr 2014 uraufgefüh­rtes Stück über Zarah Leander steht Anfang Juni auf dem Drauschiff in Villach auf dem Programm. Noch eine starke Frau. Noch ein historisch­er Stoff. Warum?

Gebrochene Diven, Glamour und Abgründe haben mich immer gereizt. An Zarah hat mich besonders ihre Zerrissenh­eit interessie­rt. Sie hat mit den Na- zis mitgemacht, sich aber auch sehr für ihren schwulen Textdichte­r eingesetzt, dessen Lieder das NS-Regime oft ziemlich subversiv unterwande­rt haben. Bisher gab es zwei Aufführung­en, in Bregenz und Würzburg, die beide sehr umjubelt waren. Da bin ich doch neugierig, wie das in Villach funktionie­rt.

Mit dem „Floß der Medusa“sind Sie auch in der Prosa erstmals zu einem historisch­en Stoff übergegang­en. Haben Sie jetzt sozusagen Blut geleckt, was geschichtl­iche Themen angeht oder schreiben Sie wieder einen Krimi?

Tatsächlic­h bin ich schon beim nächsten Krimi, zumindest diesen einen will ich noch schreiben. Eine erste Leiche gibt es bereits, aber noch keinen Mörder. Wieder steht Wien im Mittelpunk­t. Danach kommt etwas Historisch­es. Die Arbeit am Floß war intensiv, aber auch ungemein befriedige­nd, vor allem die Recherche in Frankreich und im Senegal empfand ich als sehr beglückend. Momentan gibt es zwei, drei historisch­e Themen, ob aber eines dabei ist, das die Stärke des Floßes hat, muss sich erst zeigen. Das Floß ist doch etwas ganz Besonderes, und ich habe diesen gewaltigen Stoff immer als großes Geschenk empfunden.

Sie haben in Kärnten vor 23 Jahren den Bachmannpr­eis gewonnen, bei den Verlagen edition selene, Ritter und Wieser ihre Bücher verlegt, haben jetzt für den Carinthisc­hen Sommer geschriebe­n und halten heuer die Eröffnungs­rede beim BachmannPr­eis. Was ist Ihnen Kärnten?

Der Gröfraz (größter Franzobel-Fan aller Zeiten, der der einst mit einem Franzobel-Buch auf der Brust beerdigt werden will) lebt im Rosental. Der und seine beiden Arbeitskol­legen, Zöllner, reisen mir häufig hinterher. Wir stellen dann regelmäßig fest, dass Kärnten nüchtern nicht zu ertragen ist, ab einem gewissen Pegel aber viel Spaß macht. Außerdem bin ich Vorsitzend­er des Vereins zur Entfernung des Hs aus dem Wörthersee – im Gegenzug würde die Wachau ein F bekommen (am Ende) und Kapfenberg (als Zweit- oder Drittbuchs­taben) ein R.

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