Eine Diva auf großer Fahrt
Franzobels Stück über die schwedische Diva Zarah Leander ist eine gelungene Mischung aus Unterhaltung und Tiefgang. Zu sehen bis Ende Juni im „Theater am Schiff“in Villach.
Wer kennt sie nicht, die Lieder der Zarah Leander (1907-1981), wer bliebe von dieser rauchig-sinnlichen Stimme emotional unberührt? „Ich wollte immer nur nach Deutschland. Da war nur die Marika Rökk. Paprika im Arsch, aber eine miese Schauspielerin“, lässt der österreichische Autor Franzobel die schwedische Diva in seinem Stück „Ich, Zarah oder Das wilde Fleisch der letzten Diva“, mit dem die neuebuehnevillach die heurige Theatersaison am Drauschiff bestreitet, sagen. Eine Liebe, die Leander zwar zu einem Superstar machte, ihr nach Ende des Zweiten Weltkriegs aber auch zum Verhängnis wurde. Franzobel lässt sein Stück um die unangenehme Frage kreisen, inwieweit ein Künstler das Recht hatte, sich in der Zeit des Nationalsozialismus nur um seine Kunst zu kümmern? Leander hatte sich stets dagegen gewehrt, eine „Durchhaltesängerin“zu sein. Ohne sie, so der später erhobene Vorwurf, hätte der Krieg nicht so lange gedauert. Mit der Einführung des auferstandenen Zeitreisenden Lazarus Modriach (Helmuth Häusler), ist Franzobel ein guter Coup gelungen. Lazarus, der der jungen Sängerin 1929 erstmals begegnet, weiß, wohin die Reise gehen wird. Seine Warnungen vor Hitler, vor der Endlösung, vor dem mörderischen Krieg, werden aber nicht ernst genommen. Im Gegenteil, man erklärt ihn zum Spinner.
Es ist ein eindringliches Stück, das schmerzlich offenlegt, wie Mitläufertum funktionieren kann: Man ist dabei und doch auch wieder nicht, man ist mitschuldig und doch hat man selbst nicht Hand angelegt. In
der Rolle der Diva ist Isabella Weitz zu sehen, die es sehr gut versteht, diese auch glaubhaft zu vermitteln und die die großen Hits wie „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“oder „Davon geht die Welt nicht unter“auch selbst performt, begleitet von Ambro Rot am Klavier. Dass sie erst gar nicht versucht, die Stimme der Leander mit ihrem dunklen Timbre und dem rollenden „R“zu kopieren, sondern den Liedern einen eigenen Stempel aufdrückt, ist mutig und in diesem Fall das einzig Richtige. Manchmal schrammt das Stück zwar knapp am Klamauk vorbei, ist aber in seiner Gesamtheit und unter der Regie von Christine Wipplinger wirklich gelungen. Beeindruckend auch die Leistungen der anderen Schauspieler: Andrea Pörtsch, Clemens Matzka und Frankie Feutl. Am Ende der Premierenvorstellung gab es zwar keine 168 Vorhänge wie 1936 für Leander in Wien, aber immerhin tosenden Applaus.