Der Verzauberer der Regentonnen
Der Lyriker Jan Wagner (45) erhält den diesjährigen Büchner-Preis.
Groß war die Aufregung diverser Poesie-Puristen, als 2015 erstmals ein Lyriker den Preis der Leipziger Buchmesse erhielt. Unzeitgemäß sei das, außerdem eine Missachtung all der anderen, der nominierten Romane. Scheuklappriger Schwachsinn. Ausgelöst wurden die entbehrlichen Debatten durch einen der derzeit besten Wortkünstler im deutschsprachigen Raum, der in seinen Gedichten kleinsten Dingen große, magische Geheimnisse entlockt und sich dabei oft auch ironische und doppeldeutige Einschübe erlaubt.
Jetzt wurde Jan Wagner (45) der mit 50.000 Euro dotierte Georg-BüchnerPreis zuerkannt. Diesmal werden sich die Diskussionen wohl in Grenzen halten, zumal ja zuvor auch schon andere Lyriker, darunter Friederike Mayröcker und Oskar Pastior, die bedeutsame Auszeichnung erhielten.
Es ist der Blick für alltägliche Gegenstände, vom krummen Nagel bis zum Teebeutel, der Jan Wagners Werke auszeichnet. Beginnend mit den „Probebebohrungen im Himmel“und vorläufig endend bei den „Regentonnenvariationen“. „Es genügt eben nicht, in der Nacht in der Wiese zu liegen und seine Gefühle beim Betrachten des Mondes zu beschreiben“, sagte Wagner, der etliche irische Autoren übersetzte, erst kürzlich in einem persönlichen Gespräch. In seinem exzellenten Essayband „Der geschlossene Raum“erläutert er sein Denk- und Dichtprinzip. Lyrik sei durch ihre Kompaktheit die höchste Erzählform, einem geschlossenen Raum gleich. Fast spitzbübischer Nachsatz, aber durchaus markant für Wagner: „Am Ende lässt der Dichter den Schlüssel von innen stecken und löst sich in Luft auf.“So ist er eben, der geniale Feingeist.