Brisante Fragen zum Inferno
Nach der Brandkatastrophe in Portugal gerät Regierung unter Druck. Tausende sind weiterhin im Einsatz, Eukalyptusbäume wirken wie Brandbeschleuniger.
Nach tagelangem Kampf gegen den verheerenden Waldbrand im Landeszentrum Portugals gelingt es der Feuerwehr offenbar, das Flammenmeer unter Kontrolle zu bekommen. „Die Lage hat sich deutlich gebessert“, sagte der Sprecher der Einsatzleitung, Vítor Vaz Pinto. An den meisten Feuerfronten beherrsche man inzwischen die Situation. Es werde aber vermutlich noch Wochen dauern, bis der Großbrand völlig ge- löscht sei. Noch immer bekämpfen Tausende Feuerwehrmänner, Soldaten und Freiwillige sowie eine internationale Flotte von Löschflugzeugen die Flammen.
Das Feuer, das am vergangenen Samstag in der Region Leiria im bergigen und waldreichen Kreis Pedrógão Grande 200 Kilometer nordöstlich von Lissabon nach einem Blitzschlag ausgebrochen war, ist eine der schlimmsten Brandkatastrophen in der Geschichte des südeuropäischen EU-Landes.
bisherige Bilanz: 64 Tote und 157 Verletzte, rund 300 Quadratkilometer Wald- und Buschlandschaft wurden zu Asche verbrannt.
Die Tragödie bringt zunehmend Portugals sozialistische Regierung unter Druck. Wissenschaftler und Umweltorganisationen werfen den Politikern vor, eine Mitschuld an der Katastrophe zu haben. Mangelnde Brandvorsorge, Einsparungen bei den Landschafts- und Waldbehörden, bei Feuerwehr und Löschflugzeugen sowie eine verfehlte Forstpolitik hätten zum Drama beigetragen. „Die Tragödie offenbart ein großes Desaster“, urteilt die angesehene liberale Wochenzeitung „Expresso“. Die für den Katastrophenschutz zuständige Innenministerin Constança Urbano de Sousa müsse zurücktreten.
Paulo Fernandes sprach von einem „absoluten Versagen“der Verantwortlichen bei der Brandvorbeugung und Risikominde- rung. Es sei nicht akzeptabel, dass Regierungschef António Costa und Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa erklärt hätten, bei der Brandbekämpfung „hat alles gut funktioniert“. Quercus, die größte Umweltschutzorganisation des Landes, beklagt eine Kette von „Irrtümern und Fehlentscheidungen“in der Forstpolitik der letzten Jahre. Etwa das „Eukalyptusgesetz“, mit dem die Anpflanzung von schnell wachsenden, aber dafür auch leicht brennbaren Eukalyptusbäumen gefördert wurde: ein Entgegenkommen an die Holz- und Papierindustrie Portugals.
Heute sei der aus Australien importierte Eukalyptus der am weitesten verbreitete Baum im Land. Die heimische und feuerresistentere Korkeiche, welche früher die Landschaft prägte, werde derweil zunehmend verdrängt. Auch beim verhängnisDie vollen Großbrand in der Umgebung des Ortes Pedrógão Grande brannten vor allem Eukalyptusbäume. Diese Bäume wirken in vielfacher Hinsicht als Brandbeschleuniger: Sie trocknen die Böden aus, ihre lose und vom Wind weitergetragene Rinde wirkt wie ein Anzünder. Die im Holz und in den Blättern vorhandenen Harze sowie ätherischen Öle lassen die Eukalyptusbäume wie Fackeln brennen.
Die Umweltschützer erinnern daran, dass „die Waldbrände das größte Umweltproblem in Portugal darstellen“. Laut der EU-Statistik brennt es nirgendwo in Südeuropa öfter als in portugiesischen Wäldern: In den letzten zehn Jahren wurden hier rund 40 Prozent aller südeuropäischen Waldbrände registriert.