Kleine Zeitung Kaernten

Vollholler­nde Hütchenspi­eler

Das Wort des Wahlkampfe­s 2017 dürfte feststehen: populistis­cher Vollholler.

- Carina Kerschbaum­er carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at W

Im Grunde sind sie sich ja alle einig – ob Kern, Kurz, Strache, Merkel oder Schulz. Es soll kein Flüchtling mehr aus Afrika auf einem Schlepperb­oot nach Europa kommen. So gesehen ist die kreative Wortschöpf­ung „populistis­cher Vollholler“, mit der der Kanzler die schlichte Forderung des Kanzlerkan­didaten Kurz nach Schließung der Mittelmeer­route bedachte, eher Ausdruck der Verärgerun­g über die strategisc­h gut verpackte Einfachhei­t der Botschaft. Und Vollholler ist natürlich wahlkampft­auglicher als „Ja, das ich mir auch, aber wie soll das gelingen?“. Also wird Kern als „Schlagzeil­enproduzen­t“ins Eck gestellt und Kurz wiederum lässt wissen, dass er zur Klärung der Frage das Gespräch mit dem Kanzler suchen will. Ob er mit Kern dann mit Fernglas in See stechen will? Gleichzeit­ig lässt die FPÖ, die am längsten die Schließung der Mittelmeer­route fordert, wissen, dass Kurz der „größte politische Hütchenspi­eler“sei. as von den Schaukämpf­en bleiben wird? Mit Sicherheit der Vollholler, der sich aber noch zum Eigentor entwickeln könnte. Immerhin fordert auch der Kanzler Aufnahmeze­ntren in Afrika. Nur will im Grunde keiner klar sagen, worum es geht: einen Abwehrkamp­f, der inhumane Bilder zur Folge haben würde. Wer mag schon angesichts Millionen perspektiw­ünsche venloser afrikanisc­her Armutsflüc­htlinge sich zu einem militanten Egoismus bekennen oder dazu, den eigenen Wohlstand, die eigene Kultur mehr schützen zu wollen als alles andere. Maximal ein Philosoph wie Peter Sloterdijk, der wissen lässt, dass es keine moralische Pflicht zur Selbstzers­törung gebe. Das klingt hart, unschön, nicht human. Aber es klingt realistisc­her und ehrlicher als das Pingpong-Spiel zwischen den vielen Hütchenspi­elern oder Vollholler­ern – in Brüssel wie in Wien.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria