Vollhollernde Hütchenspieler
Das Wort des Wahlkampfes 2017 dürfte feststehen: populistischer Vollholler.
Im Grunde sind sie sich ja alle einig – ob Kern, Kurz, Strache, Merkel oder Schulz. Es soll kein Flüchtling mehr aus Afrika auf einem Schlepperboot nach Europa kommen. So gesehen ist die kreative Wortschöpfung „populistischer Vollholler“, mit der der Kanzler die schlichte Forderung des Kanzlerkandidaten Kurz nach Schließung der Mittelmeerroute bedachte, eher Ausdruck der Verärgerung über die strategisch gut verpackte Einfachheit der Botschaft. Und Vollholler ist natürlich wahlkampftauglicher als „Ja, das ich mir auch, aber wie soll das gelingen?“. Also wird Kern als „Schlagzeilenproduzent“ins Eck gestellt und Kurz wiederum lässt wissen, dass er zur Klärung der Frage das Gespräch mit dem Kanzler suchen will. Ob er mit Kern dann mit Fernglas in See stechen will? Gleichzeitig lässt die FPÖ, die am längsten die Schließung der Mittelmeerroute fordert, wissen, dass Kurz der „größte politische Hütchenspieler“sei. as von den Schaukämpfen bleiben wird? Mit Sicherheit der Vollholler, der sich aber noch zum Eigentor entwickeln könnte. Immerhin fordert auch der Kanzler Aufnahmezentren in Afrika. Nur will im Grunde keiner klar sagen, worum es geht: einen Abwehrkampf, der inhumane Bilder zur Folge haben würde. Wer mag schon angesichts Millionen perspektiwünsche venloser afrikanischer Armutsflüchtlinge sich zu einem militanten Egoismus bekennen oder dazu, den eigenen Wohlstand, die eigene Kultur mehr schützen zu wollen als alles andere. Maximal ein Philosoph wie Peter Sloterdijk, der wissen lässt, dass es keine moralische Pflicht zur Selbstzerstörung gebe. Das klingt hart, unschön, nicht human. Aber es klingt realistischer und ehrlicher als das Pingpong-Spiel zwischen den vielen Hütchenspielern oder Vollhollerern – in Brüssel wie in Wien.