Die falsche Richtung
Die Entscheidung der grünen Basis gegen Peter Pilz ist mehr als nur eine simple Frage der Listenreihung – sie verschärft die Sinnkrise der strauchelnden Ökopartei.
Robert Luschnik musste sich nicht allzu lange gedulden. Zum Auftakt des Bundeskongresses – gründeutsch für „Parteitag“– kündigte der Manager der Oppositionspartei eine „Richtungswahl“im Herbst an. Es dauerte jedoch keine fünf Stunden, da durfte Herr Luschnik bereits Zeuge einer solchen werden: Mit relativ deutlicher Mehrheit entschieden sich die grünen Delegierten in der Frage, wer denn den vierten Platz auf der Bundesliste für die Nationalratswahl am 15. Oktober bekommen soll, für Julian Schmid und gegen Peter Pilz.
Diese obligatorische Vorwahlkampf-Auseinandersetzung scheint auf den ersten Blick relativ harmlos – allein, sie ist es nicht. Denn wofür stimmte die Grünen-Basis? Für jenen jungen Mann, der im ersten Absatz seines Bewerbungsschreibens an die Delegierten damit prahlt, im Parlament für Unruhe unter den Alteingesessenen zu sorgen, indem er Kapuzenpullis trägt. Für ein Infragestellen der Mathematura, für landesweite Bekanntheit durch Badefotos und nicht zuletzt für einen Abgeordneten zum Natio- nalrat, der in den vergangenen vier Jahren nur ein Zehntel der parlamentarischen Anfragen seines ausgestochenen Kontrahenten gestellt hat.
Dieser – zugegebenermaßen streitbare, populistische, eitle, ältere – Herr hat dann doch einiges mehr auf der Habenseite zu verbuchen: Nebst der Tatsache, dass er durch das Aufdecken etlicher Skandale (und Skandälchen) zum wohl bekanntesten aktiven Grün-Politiker avancierte, war Pilz der letzte Vertreter der Ökopartei mit Themenführerschaften. Jüngstes Beispiel: der EurofighterUntersuchungsausschuss, der nichts anderes als eine OneMan-Show des 63-jährigen Wühlers mit dem breiten Kompetenzund Kontaktspektrum ist. Der intern schon lange Zeit umstrittene Pilz mag ein Politdino sein, doch Dinosaurier zeichnen sich letztendlich durch eines aus: Sie sind Schwergewichte. Davon haben die Grünen kaum noch welche, wenn sie unter ihnen nun nicht völlig ausgestorben sind. Und Julian Schmid ist definitiv keines. Dass mit dem 28-Jährigen eine Verjüngung des Nationalratsklubs einhergeht, ist letzten Endes nur ein äußerst schwacher B Trost. itter für die Grünen: Die Demontage des Peter Pilz, geplant in Wien und vollzogen in Linz, ist gerade jetzt problematisch. Denn die Partei dümpelt in Umfragen nicht ganz ohne Grund im einstelligen Bereich herum. Außer dem von der SPÖ aufgegebenen Dogma, die FPÖ verhindern zu wollen, kommt da derzeit nicht wahnsinnig viel rüber. Die der inhaltlichen Leere geschuldete Abwärtsdynamik wird wohl auch nicht gebremst, wenn die Grünen bald unter einem medial omnipräsenten Dreikampf zwischen Sebastian Kurz, Christian Kern und HeinzChristian Strache von der Bedeutungslosigkeit bedroht werden. Dabei könnte eine GrünPartei die links der SPÖ aufklaffende Lücke durchaus füllen – nicht aber, wenn sie mehr Schmid als Pilz sein will.