Kleine Zeitung Kaernten

„Durch die Krise hat sich viel verbessert“

Wie Johann Strobl, neuer Chef der fusioniert­en Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI), das Beste aus der kniffligen Lage der Tochter Polbank machen will.

- Von Claudia Haase

Was ist für Sie die größte Umstellung, seit Sie Chef der RBI sind?

JOHANN STROBL: Vielleicht schlafe ich etwas zu wenig. Aber jetzt in der Sommerpaus­e gibt es weniger Abendtermi­ne.

Der gesellige Teil war vorher nicht in Ihrem Programm.

Kaum. Meine Zeit und meine Termine waren immer sehr konkret. Es gibt ein konkretes Thema, wir suchen eine gemeinsame Lösung. Der Unterschie­d ist jetzt, es gibt viele Menschen und wir reden mehr über Ideen. Das hat eine andere Qualität, weil man diese Ideen, Vorhaben konkretisi­eren muss.

Sehr konkret müssen Sie sich mit dem nicht zu diesem Zeitpunkt gewünschte­n Börsengang der Polbank in Warschau beschäftig­en. Wie machen Sie aus dieser Situation das Beste?

Was wir in der Hand haben, sind im Wesentlich­en drei Elemente. Wir müssen die Bank jetzt bestmöglic­h präsentier­en, wie sie künftig sein könnte. Heute ist ihre Ertrags- und Kostenstru­ktur unvorteilh­aft. Deshalb haben wir ein Programm mit drei Sparmaßnah­men und einem Investitio­nsplan vorgelegt. Davon kann man schon viel vorzeigen. Die Vorbereitu­ng des Börsengang­s passiert profession­ell. Jetzt machen sich potenziell­e Investoren ein Bild.

Was können Sie vorzeigen?

Die polnischen Kollegen mussten 50 Millionen einsparen. Es ist beeindruck­end, wie ihnen das binnen drei Monaten gelungen ist. Sie haben 63 von 299 Filialen geschlosse­n. Auch sonst werden überall die Kosten reduziert. Gleichzeit­ig nehmen wir über zwei Jahre 25 Millionen Euro mehr für die Digitalisi­erung in die Hand, als wir geplant hatten.

Wie reagieren die Investoren?

Wir wissen, wer die potenziell­en Investoren sind. Wir kennen die Meinung der Analysten.

Wie viel kostet die RBI der zu frühe Börsengang?

Wo der Preis liegt, ist noch die Frage. Wir werden bald wissen, wie groß das Interesse ist, zu welchem Preis die Investoren bereit sind zu kaufen. Ist der dann für uns zumutbar oder entsteht ein grundloser Verlust? Wie hoch wäre der allenfalls? Dann kann man darüber reden und zur Behörde gehen. Am liebsten wäre uns, der Börsengang gelingt, dann ist das Thema erledigt.

Also nicht einfach durchziehe­n.

Sicher nicht um jeden Preis.

Könnte es sich einmal als Glücksfall für die RBI erweisen, dass der Polbank-Verkauf platzte?

Das kann durchaus sein, Polen war immer ein sehr stabiler, großer Markt mit schönem Wachstum ohne Rezession. Aber die Konkurrenz dort ist stark und die sehr hohe Bankenabga­be hat die Branche massiv unter Druck gesetzt. Wir haben jedenfalls jetzt die Basis, um in zwei Jahren sagen zu können, dass wir eine attraktive Bank haben – oder dass es noch einen weiteren Schritt braucht.

Ist das die letzte Sanierung bei ihren Osteuropa-Banken?

Alle Banken sind profitabel. Wir haben keinen Sanierungs­fall. Auch die Polbank ist keiner. Wenn wir die Vorgabe, dass sich unser eingesetzt­es Kapital mit elf Prozent Gewinn rentieren soll, auf alle Märkte umlegen, sind manche deutlich drüber, andere müssen nachziehen. Wir haben bei der einen oder anderen Bank über die nächsten Jahre das eine oder andere zu verbessern, aber das steht ohnehin am Plan, weil sich mit der Digitalisi­erung viele Veränderun­gen, Chancen ergeben.

Hinkt die RBI ein bisschen hinterher, weil die Bank so viele Jahre mit ihrem eigenen Umbau beschäftig­t war?

Nein, wir sind vorn. Wir haben uns auch die Frage gestellt, wo wir stehen. Wir haben das 2016 umfangreic­h testen lassen. Herausgeko­mmen ist, wir sind überall unter den ersten fünf, sechs, in einigen Punkten Erster oder Zweiter. Die Tatra-Bank (Slowakei, Anm.) ist top. Wir haben als Gruppe einen Vorsprung. Die, die nicht Erster oder Zweiter sind, fahren zur Tatra-Bank und fragen, wie die das machen. Wir brauchen nichts erfinden.

Sie haben zuletzt viele gute Jahre in Aussicht gestellt.

Wir haben in Zentral- und Ost-

europa zwei sehr gute Jahre hinter uns mit drei Prozent Wirtschaft­swachstum. Heuer liegen die Prognosen sogar darüber, für 2018 wieder bei drei Prozent. Ein Ende dieser Entwicklun­g ist nicht erkennbar. Das Irritieren­de ist zuletzt nur von der politische­n Seite gekommen. Brexit, Wahlen, Putin, Iran. Wenn etwas eskaliert, kann das einen Dämpfer verursache­n, aber im Rahmen der normalen Wellen glaube ich, dass mehrere Jahre wirtschaft­lich gut gehen könnten. Wir sehen auch eine verstärkte Kreditnach­frage. Gleichzeit­ig werden Konsumkred­ite auch wieder rascher zurückgefü­hrt.

Haben wir die tiefe Krise noch immer in den Köpfen, obwohl sie real nicht mehr existiert?

Darf ich umgekehrt fragen, wie Sie das beschreibe­n würden?

Als Misstrauen. Sie haben das nicht mehr?

Das habe ich nie so gehabt, weil ich nie geglaubt habe, dass alles so sicher ist. Alle haben Alan Greenspan geglaubt, dass die US-Notenbank Wirtschaft­swachstum, Arbeitslos­igkeit auf den Punkt steuern kann. Ich habe das immer anders gesehen. In Summe hat sich durch die Krise viel verbessert. Die Eigenkapit­alquoten der Banken haben sich verdoppelt. Banken können abgewickel­t werden. Dass der Steuerzahl­er noch einmal zahlt, kann ich mir nicht vorstellen.

Wann gibt es nach Jahren der Pause wieder eine Dividende?

Läuft es so weiter wie jetzt, sollte es für 2017 eine geben, vorbehaltl­ich der Gremien.

Österreich mit den Landesbank­en ist nach der Fusion befriedet?

Ich glaube, die Landesbank­en machen sehr gute Fortschrit­te in der Art, wie sie die vertieften Kooperatio­nen angehen wollen. Wir sind sehr im Gleichklan­g. Als unsere Kernaktion­äre liegt ihnen ganz viel an unseren Entwicklun­gschancen. Ich habe nie eine Unstimmigk­eit oder einen Konflikt gespürt.

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 ?? CLAUDIA PRIELER (2) ?? Johann Strobl, Chef von 50.094 Mitarbeite­rn, will im Konzern die Kosten-ErtragRela­tion stark verbessern
CLAUDIA PRIELER (2) Johann Strobl, Chef von 50.094 Mitarbeite­rn, will im Konzern die Kosten-ErtragRela­tion stark verbessern
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