Kinder als Pakete
Ob die Betreuung der Kinder im Sommer ein Privatproblem der Eltern ist? Ja, ist es, sollte es aber nicht sein.
V om Kanzler, allen bisherigen Frauen- und Familienministerinnen abwärts erschallt seit Jahren der Ruf: Frauen, geht arbeiten! Tappt nicht in die Teilzeitfalle! Denn mit Teilzeit droht später die Mindestpension. Verkürzt: Teilzeit = Altersarmut für Alleinstehende.
All diese Warnungen werden Frauen mit Kindern mit auf den Weg gegeben. Und es wird nicht nur in Wahlkämpfen verkündet, dass die Vereinbarkeit von Job und Kindern weiter verbessert wird. Worte, nichts als Worte? Zumindest: Welchen Wert ha- all die Warnungen und Aufforderungen an Eltern, doch bitte auch mit Kleinkindern Vollzeit zu arbeiten, wenn zur Ferienzeit der Kindergarten noch wochenlang schließt und im besten Fall auf einen „Sommerkindergarten“verwiesen wird. Dass Dreijährige sich weigern, in einen fremden Kindergarten zu wechseln, dürften sich manche Politiker noch immer nicht vorstellen können. Warum sich Kinder weigern? Weil sie Kinder sind und keine Pakete, die einmal da und einmal dort abgeliefert und wieder abgeholt werden. Weil sie Eingewöhnungszeiten brauchen.
A lles ein Privatproblem von Eltern und keine Angelegenheit des Staates? Manche mögen das so sehen und empört fragen, wofür der Staat noch sorgen soll. Manche mögen meinen, dass die Betreuung urben eigenste Aufgabe der Familie sei. Ja, aber wenn gleichzeitig die gesamte Regierung nach der Berufstätigkeit von Frauen ruft und Vereinbarkeit auf ihre Fahnen schreibt, dann sollten diese Rufer auch im Sommer vor den Vorhang treten. Und erklären, wie bei fehlenden Großeltern die Betreuung von Achtjährigen bei zwölf Wochen Ferien im Jahr bei fünf Wochen Urlaub funktionieren soll. Wie Eltern diese Vereinbarkeitsdefizite lösen? Die Statistik gibt die Antwort: mit langer Karenz und Teilzeitarbeit der Mütter.