Kleine Zeitung Kaernten

Der Regress ist ab heute Geschichte

Mit dem Argument, es gehe um 40.000 Familien, die „alles verlieren“, wenn Angehörige zu Pflegefäll­en werden, ging die SPÖ in die Offensive. Die ÖVP verhandelt­e nur noch über die Finanzieru­ng.

- Von Claudia Gigler

Das Aus für den Kostenrück­ersatz in der Pflege zeichnete sich bereits gestern Mittag ab: Bundeskanz­ler Christian Kern war nach dem Ministerra­t in die Offensive gegangen: „Wir werden die Abschaffun­g des Regresses beschließe­n. Ob mit oder ohne ÖVP.“

Möglich gemacht hatte dies der Umstand, dass die SPÖ in dieser Frage eine Mehrheit gegen die ÖVP zusammenbr­ingt, weil nicht nur Grüne und Neos, sondern auch die Freiheitli­chen mitspielen. Am Nachmittag hieß es aus Kreisen der ÖVP: „Der Regress wird abgeschaff­t. Aber wir verhandeln noch über das Finanzieru­ngsmodell.“

Verhandelt wurde bis in die gestrigen Abendstund­en, aber die Gesprächsa­tmosphäre zwischen SPÖ und ÖVP ist nach dem gestrigen Eklat (siehe Seiten zuvor) empfindlic­h gestört. Für den Fall, dass es zu keiner gütlichen Einigung zwischen Regierungs­parteien kommt, hat ÖVP-Chef Sebastian Kurz allerdings einen Plan B in der Hinterhand: Man habe ein Einsparung­smodell in der Tasche, das man ohne Beschluss im Parlament umsetzen könne, deutete sein Umfeld an. Details gibt es erst heute.

Das Ende des Kostenrück­ersatzes für Angehörige der pflegebedü­rftigen Person – dieser Regress ist länderweis­e unterschie­dlich geregelt – kostet laut ÖVP-Berechnung­en 150 bis 200 Millionen Euro. Durch die Eindämmung der missbräuch­lichen Nutzung von E-Cards – Kurz will diese Karten mit Fotos ausstatten, sodass die Inhaber leichter identifizi­ert werden können – ließen sich bis zu 200 Millionen Euro einsparen.

Die SPÖ bezweifelt diese Rechnung der Höhe nach. Aus dem Umfeld des Kanzlers hieß es jedoch, man verschließ­e sich nicht grundsätzl­ich der Einführung von Fotos auf E-Cards. Was jedoch keinesfall­s infrage komme, seien Einsparung­en im Bereich der Pflegeheim­e selbst, wie sie von der ÖVP auch vorgeschla­gen wurden.

Eine andere Möglichkei­t, sich inhaltlich zu treffen, wäre der ÖVP-Wunsch, die Heime direkt mit Medikament­en zu beliefern und damit die Spanne der Zwischenhä­ndler im Arzneimitt­elgeschäft zu reduzieren.

Für die Österreich­er bedeutet der heutige Beschluss jedenfalls einmal, dass sie keine Angst mehr vor Kostenrück­ersätzen haben müssen. Bisher griff die Behörde auf Sparbücher zu und ging mit ihren Ansprüchen in die Grundbüche­r.

Befürchtet wird umgekehrt, dass die Befreiung von der Regresspfl­icht die Nachfrage nach Heimplätze­n ankurbeln und damit die Kosten insgesamt erhöhen könnte.

Ein zweites Thema, das heute am Tapet ist, ist die Ehe zwischen Gleichgesc­hlechtlich­en. Die SPÖ kündigte einen Antrag für die „Homo-Ehe“an, wobei es sich dabei nur um einen symden bolischen Akt handelt: Eine Mehrheit jenseits von FPÖ und ÖVP ist nicht gegeben. Es wird damit gerechnet, dass die SPÖ einen Fristsetzu­ngsantrag einbringt, um der Sache symbolisch Auftrieb zu geben. Zuletzt hatten die Grünen die ÖVP damit aufgezogen, dass nun sogar die deutsche Kanzlerin ihren Widerstand gegen die HomoEhe aufgegeben habe.

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APA Ältere Menschen müssen nicht mehr fürchten, dass die Pflege ihre Angehörige­n arm macht

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