Der Pflegeregress ist abgeschafft, der Bund zahlt 100 Millionen an Länder.
Mit breiter Mehrheit beschloss der Nationalrat die Abschaffung des Pflegeregresses ab 2018. Kritik setzt es nicht nur an der Frage der Gegenfinanzierung.
Wider den Koalitionsbruch: Die Regierungsparteien haben sich nun endgültig darauf geeinigt, den Pflegeregress abzuschaffen. Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und Team Stronach ging der Antrag im Zuge des Beschluss-Marathons im Hohen Haus durch den Nationalrat. Will heißen: Ab Jänner 2018 dürfen die Länder nur noch Großteile des Pflegegeldes und der Pension für einen Pflegeheimplatz einziehen, nicht aber Privatvermögen des zu Pflegenden. Dies wird per Verfassungsgesetz verboten. Die Länder werden für den Vermögensentgang mit 100 Millionen Euro pro Jahr entschädigt. Betroffen waren vom Regress laut Sozialministerium bis zuletzt rund 40.000 Personen. Für diese gilt nun: Alles, was bis jetzt in den Besitz des Landes wanderte, bleibt auch dort. Das gilt für alle Regressforderungen, die bis Ende des Jahres per Bescheid gestellt werden.
Glasklar scheint die Sache dennoch nicht. Da wäre einer- seits die Frage der Gegenfinanzierung für die Maßnahme, die im ersten Jahr rund 100 Millionen, danach etwa 200 Millionen Euro kosten soll: Weil sich die SPÖ mit ihrer Idee, die Ausgaben für die Regress-Abschaffung mit der Einführung einer Erbschaftssteuer ab Nachlässen von einer Million Euro aufzuwiegen, nicht durchsetzen konnte, einigte man sich auf die ÖVP-Idee der Gegenfinanzierung. Der zentrale Aspekt dieser sieht vor, das Geld durch ein Eindämmen des Sozialbetrugs – konkret durch Fotos auf ECards – hereinzuholen. Die Fotos sollen aus den Passämtern kommen, ab 2019 werden nur noch E-Cards mit Fotos der Versicherten ausgestellt. Zudem können Pflegeheime künftig zentral Arzneimittel einkaufen, wodurch sich vor allem die ÖVP Einsparungen erhofft – dies wurde allerdings noch nicht beschlossen. „Wir sparen damit im System und nicht bei den Menschen“, kommentiert der designierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz die Maßnahmen.
„Das wird allerdings nicht viel bringen“, zeigt sich Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer skeptisch. Schließlich sei das Gesundheitssystem ohnehin relativ sicher, zudem wird „dort, wo kriminelle Energie vorhanden ist, auch ein Foto nichts ändern“, sagt der Experte. Auch Grünen-Sozialsprecherin Judith Schwentner äußert trotz ihrer Zustimmung im Nationalrat Skepsis: „Die Frage der Gegenfinanzierung ist ungelöst und wurde in die Verantwortung der nächsten Regierung geschoben, das ist problematisch“, so die Abgeordnete. Die SPÖ, so heißt es nun aus Kanzleramt und Sozialministerium, werde nun keinesfalls von ihrer