Kleine Zeitung Kaernten

Peter Pilz über die Chancen einer neuen Liste und Fehler der Grünen.

Der verstoßene Abgeordnet­e Peter Pilz im Gespräch über seine neue Liste, die Fehler der Grünen und wie er die FPÖ ausstechen will.

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Herr Pilz, Hand aufs Herz: Wird im Herbst eine von Ihnen angeführte Liste auf dem Wahlzettel stehen?

PETER PILZ: Ich bin so weit, dass ich sage: Ja, ich will das machen. Aber es braucht ja auch Menschen, die einen Wahlkampf organisier­en und sich um die Finanzen kümmern können. Ich kann das nicht machen. Gib mir Geld in die Hand und ich gehe damit Eis essen (lacht). Ich weiß schlicht nicht, ob wir das zusammenbr­ingen oder wie die Liste dann heißen soll.

Liste Peter Pilz?

Nein, sicher nicht.

An Unterstütz­ung scheint es jedenfalls nicht zu mangeln. Tausende haben Sie über Facebook zur Kandidatur ermuntert, es gibt sogar eine Online-Petition. Es kommen auch Leute auf der Straße auf mich zu. Zum Beispiel ist gestern in Kaisermühl­en ein Mitarbeite­r der MA 48 (Anm. Müllmann) zu mir gekommen und hat gesagt, ich muss kandidiere­n und seine Kollegen sehen das genauso. Das ist mir noch nie passiert, und es zeigt mir, dass da etwas passiert. Das hat uns alle vollkommen überrascht.

Uns alle?

Mich und die Abgeordnet­en, mit denen ich darüber rede. Wir sind erst am Mittwoch wieder zusammenge­sessen, der Bruno (Rossmann), der Wolfgang (Zinggl), die Gabi (Moser) und der Karl (Öllinger). Wolfgang und Karl haben ja bereits öffentlich Bereitscha­ft signalisie­rt, mitzumache­n.

Wollen Sie sich gemeinsam an den Grünen rächen?

Nein, unsere Liste richtet sich an ganz andere Menschen – an Nichtwähle­r, an Protestwäh­ler und an alle, die eine Alternativ­e zu den Altparteie­n suchen. Das ist weit weg vom grünen Milieu. Es wird eine Liste des radikalen Pragmatism­us. Sie richtet sich an Menschen, die ganz konkrete Fragen an die Politik haben. Zum Beispiel „Was tut ihr gegen Machtmissb­rauch“, „Wie macht ihr eine andere Ausländerp­olitik“oder „Wie schafft ihr Sicherheit“. Mit diesen Fragen haben sich die Grünen nicht beschäftig­t, aber sie beschäftig­en die Menschen.

Und Sie können diese Fragen allein beantworte­n?

Ich weiß, wie eine pragmatisc­he, durch Menschenre­cht begründete Sicherheit­spolitik aussehen muss. Und wie man unsere Heimat Europa vor dem politische­n Islam schützen kann. Wir können das besser als FPÖChef Heinz-Christian Strache, weil wir im Gegensatz zu ihm ebenso harte wie menschlich­e Lösungen suchen. Es muss um Schutz, Sicherheit und Integratio­n gehen und nicht darum, eine Gruppe gegen die andere auszuspiel­en. Auch das Thema ungleiche Verteilung muss angegangen werden.

Warum sind Sie damit nicht in Ihrer Partei durchgekom­men?

Ich habe diese neuen Wege stets eingeforde­rt und bin damit gescheiter­t. Weil sich die Partei eingemauer­t hat. In unserer frühen Phase waren wir eine enorm risikofreu­dige Partei, weil es gar nicht anders ging. Dann sind wir erfolgreic­h und damit vorsichtig geworden. Die Grünen teilen da das Schicksal des Technologi­eunternehm­ens Nokia. Sie haben sich in der Politik so verhalten wie Nokia im Handysekto­r – die Fehlerverm­eidung trat an die Stelle der Risikobere­itschaft. Und so verpasst man den Anschluss.

Auch die Jungen Grünen übten Parteikrit­ik, auch sie sind heute nicht mehr Teil der Partei.

Das ist eine Abfolge, die den Grünen zu denken geben sollte. Zuerst fliegen die Jungen Grünen raus, dann die erfolgreic­hsten Abgeordnet­en. Was bleibt denn da noch übrig?

Grüne Abgeordnet­e wie Julian Schmid, gegen den Sie bei der Abstimmung verloren haben?

Nein, es bleiben durchaus ausgezeich­nete Leute wie Berivan Aslan, Christiane Brunner und Harald Walser.

Wer soll Sie bei den Grünen im Bereich Kontrolle ersetzen, Stichwort U-Ausschuss?

Gabi Moser und ich sind in diesem Bereich schon federführe­nd. Da kann man jetzt nicht einfach irgendjema­ndem sagen, „Du bist jung, also kontrollie­re“. Das würde Eurofighte­r passen.

Für das Einrichten des aktuellen U-Ausschusse­s haben Sie sich mit der FPÖ zusammenge­tan, mit Strache sind Sie gar auf einen Kaffee gegangen. Hat Sie das den Kopf gekostet? Wenn mich das Einsetzen des U-Ausschusse­s zehn Kaffee mit Strache und fünf mit Generalsek­retär Herbert Kickl gekostet hätte, wäre ich bereit gewesen, die alle zu trinken. Aber ich habe es mit einem Kaffee geschafft, es war also sogar günstig (lacht). Aber die Grünen müssen dringend diese Fixierung auf die FPÖ aufgeben. Wenn die Freiheitli­chen sagen, dass zwei mal zwei vier ist, dann antworten manche von uns „781“. Aus Prinzip und möglichst weit weg von allem, was die FPÖ sagt. Mir ist die FPÖ wurscht, ich suche schlicht nach pragmatisc­hen Lösungen und mache die Blauen damit überflüssi­g.

Ihr Abgang hat Vergleiche zu dem des ehemaligen EU-Abgeordnet­en Johannes Voggenhube­r provoziert, dessen Ärger über die Partei bis heute nicht verflogen zu sein scheint. Wird es Ihnen genauso ergehen?

Nein, es soll eine saubere Trennung ohne gegenseiti­ge Beschädigu­ngen werden. Dass der Bundeskong­ress diese Entscheidu­ng getroffen hat, hat mich sehr überrascht und ich kann es auch nicht nachvollzi­ehen. Ich war kurz enttäuscht,

aber gleich darauf erleichter­t. In den letzten eineinhalb Jahren habe ich mich immer wieder gefragt, wie ich in dieser Partei weitermach­en soll. Ich habe es oft mit meinem Kopf durch grüne Wände geschafft. Doch diesmal war die Wand aus Beton, weil sich meine Partei einbetonie­rt hat.

Waren Sie zu stolz, um das grüne Angebot eines finanziert­en Vorzugstim­men-Wahlkampfe­s anzunehmen?

Man ist draufgekom­men, dass man einen Fehler gemacht hat und hat irgendeine­n Ausweg gesucht. Aber das geht nicht. Eine Partei braucht klare Entscheidu­ngen, vor allem im Vorfeld einer Wahl. Die Entscheidu­ng über mich habe ich akzeptiert.

Das Andocken bei einer anderen Partei ist auch keine Option?

Nein. Ich kann ja nicht zu einer der Parteien wechseln, die für die aktuellen Zustände verantwort­lich sind. ÖVP und FPÖ sind die Täterparte­ien, die SPÖ ist die Umfall-Partei. Ginge ich zu den Tätern, würde ich mich zum Komplizen machen. Ginge ich zu den Umfallern, würde ich mich lächerlich machen.

Was wäre Ihre Liste in diesem Szenario? Die weiße Weste?

Die andere Seite, die eine saubere und gerechte Politik will. Das Spielfeld für eine neue Bewegung war noch nie so groß wie jetzt. SPÖ und ÖVP drängen sich jetzt dort, wo früher die FPÖ alleine herumstand und meine Grünen bleiben in der Umkleideka­bine. Da muss dringend jemand Neues aufs Spielfeld.

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