Ein göttliches Getränk: Von der Kulturgeschichte des Weins
Zur heutigen 25. Weinkost der Kleinen Zeitung am Pogusch eine Hommage an das kultische Herzblut der Christenheit.
Es wird a Wein sein / und mia wer’n nimmer sein …“Das ist eine eben weinselige Klage beim Heurigen, ein Abgesang ans doch irgendwie schöne irdische Leben; immerhin, der Wein, der bleibt. Aber wäre es nicht noch viel trauriger, nachgerade hoffnungslos, verhielte sich die Sache umgekehrt: Angenommen, wir wären immer noch da, aber wir hätten keinen Wein mehr. Denn dann würde es kein authentisches Christentum mehr geben, keinen sakramentalen Vollzug des zentralen Geheimnisses.
Die Muttergottes sah das einst genauso; mit ihrem Sohne eingeladen zu einer Hochzeit im galiläischen Kana, bemerkt sie, ganz große Dame aus priesterlichem Hause und verheiratet mit Joseph, aus dem königlichen Hause Davids, dass den Hochzeitern der Wein ausgegangen ist. Eine Blamage für das junge Paar; und eine große Dame leidet mit, wenn andere sich blamieren. Hochgebildet, wie sie ist – denken wir nur an ihr „Magnificat“–, kennt Maria die Schrift auswendig. So weiß sie um die Bedeutung des Weines in der Geschichte des Hauses Israel, von Noah, der nach überstandener Sintflut zum Winzer wird, über den Hohepriester Melchisedech, König von Salem, der auf seinem Altar vor Abraham Brot und Wein opfert, bis hin zur Braut im „Hohen Lied der Liebe“, deren „Küsse süßer schmecken als süßer Wein“. Vielleicht ahnt Maria aber auch schon vage voraus, dass ihr Sohn, der Sohn Gottes, seine irdische Mission im Zeichen des Weinstocks vollbringen wird. Taktvoll flüstert sie Jesus ins Ohr: „Sie haben keinen Wein mehr …“Jesus erscheint im Augenblick ein wenig irritiert, ob der offensichtlichen Aufforderung seiner Mutter, ein Wunder zu wirken; aber nicht einmal Gott selbst kann ihr die diskrete Bitte abschlagen. Wir kennen das Resultat: Sechs große Amphoren Wassers werden in Spitzenwein verwandelt. Nicht etwa in Traubisoda oder „gesunden Fruchtsaft“, wie mir das eine puritanisch angehauchte Fortschrittlerin einmal versuchte einzureden. Nein, es war Wein, Spitzenwein. Der Herr war kein Abstinenzler, auch nicht seine Jünger, was die Bigotten von damals auch prompt vermeinten ihnen vorwerfen zu müssen.
Nicht ohne Grund – gerade er musste es wissen – beharrt Jesus auf der mystischen Bedeutung des Weines. Nicht nur einmal, sondern immer wieder, das ganze Evangelium hindurch bringt der Weinstock Früchte, fließt der Wein. Jesus selbst ist im Gleichnis der Winzer, der einen Weinberg anlegt, er verlangt nach Arbeitern in demselben, er bezahlt ihnen (nicht ohne subtile Ironie) den ausbedungenen Lohn, er bestraft die ungetreuen Pächter des Weinbergs. Von sich selbst sagt er: „Ich bin der Weinstock“, und von seinen Jüngern: „Ihr seid die Reben.“Und wie sein biblisches Vorbild Melchisedech bringt er Brot und Wein als Opfer dar. Brot und Wein sind das Produkt landwirtschaftlicher Arbeit, unser Begriff „Kultur“leitet sich vom lateinischen „colere“her, dem Wort für Ackerbau betreiben. Allerdings verwandelt Jesus beim Letzten Abendmahl das gebrochene Brot in seinen Leib und den Wein in sein Blut: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“Danach sagt er, kurz vor seiner Hinrichtung am Kreuze, er werde ab nun nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis er den Wein mit uns allen im Reich seines Vaters trinken würde. In Weingegenden finden wir Darstellungen, wo Jesus an einen Weinstock genagelt ist, so zum Beispiel in