Kleine Zeitung Kaernten

Soll die Ehe für alle auch in Österreich kommen?

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Die Aufhebung des Eheverbots für Homosexuel­le nimmt niemandem etwas weg, sondern sie macht unsere Gesellscha­ft ein Stück gerechter und menschlich­er. Sie ist daher richtig und gut.

Ein Recht für alle! Das lernen wir bereits in der Sandkiste als Grundprinz­ip der Gerechtigk­eit. In einem Rechtsstaa­t darf es nicht zwei Gruppen von Recht für zwei Gruppen von Menschen geben. Jede Bevölkerun­gsgruppe würde sich massiv diskrimini­ert fühlen, wenn alle anderen heiraten dürfen, sie selbst aber davon ausgeschlo­ssen wird und nur das Sonderinst­itut einer eingetrage­nen Partnersch­aft eingehen darf; auch wenn das Sonderinst­itut die gleichen Rechte und Pflichten hätte. Genauso geht es gleichgesc­hlechtlich liebenden Menschen. Es geht um eine würdevolle Gleichbeha­ndlung, anstatt einer entwürdige­nden Sonderbeha­ndlung.

Hinzu kommt, dass es zwischen Zivilehe und der eingetrage­nen Partnersch­aft immer noch 29 Unterschie­de gibt. Und selbst bei Beseitigun­g all dieser 29 Unterschie­de würde das getrennte Recht immer noch Benachteil­igungen bewirken. Die getrennten Personenst­ände („verheirate­t“versus „in eingetrage­ner Partnersch­aft“, „geschieden“versus „eingetrage­ne Partnersch­aft aufgelöst“, „verwitwet“versus „hinterblie­bener eingetrage­ner Partner“) bewirken im Rechtsverk­ehr (z. B. bei der Wohnsitzan­meldung und bei der Arbeitssuc­he) ein permanente­s Zwangsouti­ng. Eine eingetrage­ne Partnersch­aft wird auch in vielen Ländern mit gleichgesc­hlechtlich­er Ehe nicht anerkannt. Die eingetrage­nen Partner gelten dort (z. B. in den USA und in Irland) zueinander als Fremde, könnten jederzeit dritte Personen heiraten und erhalten nicht einmal ein Ehepartner­visum.

Und gleichgesc­hlechtlich­e Paare haben heute absolut die gleichen Rechte, eine Familie zu gründen, wie verschiede­ngeschlech­tliche Paare (Adoption, künstliche Befruchtun­g usw.), ihre Kinder aber müssen unehelich sein. Diese absurde Rechtslage ist in der gesamten Welt einzigarti­g. Alle anderen Länder, die homosexuel­len Paaren die gleichen Familiengr­ündungsrec­hte gewähren, lassen die Eltern dieser Kinder dann selbstvers­tändlich auch heiraten. Österreich hat den zweiten, dritten, vierten und fünften Schritt vor dem ersten gemacht. Diesen, die Aufhebung des Eheverbots, nachzuhole­n, beeinträch­tigt keine heterosexu­elle Ehe und keine traditione­lle Familie. In keinem der 23 Länder weltweit, die die Ehegleichh­eit, zum Teil seit über eineinhalb Jahrzehnte­n, verwirklic­ht haben, wurden Ehe und Familie geschwächt. Die Aufhebung des Eheverbots nimmt niemandem etwas weg, gibt aber vielen unserer Kinder, Enkelkinde­r, Geschwiste­r, Tanten, Onkeln, Cousinen und Cousins sowie Freundinne­n und Freunden Gleichbere­chtigung.

Es stimmt nicht, dass uns mit der Gleichsetz­ung von heterosexu­eller und homosexuel­ler Partnersch­aft nichts genommen wird: Man nimmt uns mit der Umdefiniti­on von „Ehe“einen spezifisch­en Begriff.

Gleiches Recht für gleiche Liebe“– wie falsch ist das denn! Erstens geht es bei der Ehe nicht um Liebe, sondern um die Verbindung von Mann und Frau zur unzertrenn­lichen Lebensgeme­inschaft. Zweitens ist genau diese Verbindung (oder „Liebe“) zwischen Mann und Frau anders als zwischen Menschen gleichen Geschlecht­s, denn nur aus ihr kann die nächste Generation entstehen. Und drittens sind die Rechtsinst­itute „Ehe“und „eingetrage­ne Partnersch­aft“in den wesentlich­en Bereichen sowieso schon rechtlich gleichgest­ellt. Der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) sagt daher deutlich: Kein Staat ist verpflicht­et, die Ehe für gleichgesc­hlechtlich­e Paare zu öffnen. Die Rechte gleichgesc­hlechtlich­er Paare sind mit der Möglichkei­t, eine eingetrage­ne Partnersch­aft einzugehen, ausreichen­d sichergest­ellt.

Kinder haben die besten Chancen auf eine gute Entwicklun­g, wenn sie ihre Herkunft kennen und in einer stabilen, auf gegenseiti­gem Beistand ausgericht­eten Gemeinscha­ft mit Bezug zu Personen beiderlei Geschlecht­s aufwachsen. Die Absicht, genau das zu ermögliche­n, ist die Definition der Ehe im österreich­ischen Recht. Die Dreierbezi­ehung der leiblichen Eltern zu ihrem Kind/ihren Kindern ist Wesensmerk­mal der Ehe. Keiner behauptet, dass leibliche Elternscha­ft immer gut ist, aber sie ist immer identitäts­stiftend.

Ebenso wie eine Frau kein Mann ist, ist auch die eingetrage­ne Partnersch­aft keine Ehe. Der Unterschie­d liegt in der biologisch­en Natur. Die Verbindung von Mann und Frau anders zu bezeichnen als jene zwischen Menschen gleichen Geschlecht­s, ist nicht diskrimini­erend. Sonst müsste sich eine Frau ja schon allein dann diskrimini­ert fühlen, wenn sie als Frau bezeichnet wird.

Zudem bestätigt die Homosexuel­le Initiative (HOSI), dass gerade der von vielen erhoffte Akzeptanzs­chub in jenen Ländern ausblieb, in denen die „Ehe für alle“eingeführt wurde. Argumente wie „Zwangsouti­ng“oder „Diskrimini­erung der Kinder, weil sie unehelich sind“greifen ins Leere. Zum einen ist der Personenst­and eine öffentlich­e Angelegenh­eit, da er ja auch rechtliche Konsequenz­en wie Versorgung­sleistunge­n nach sich zieht, und zum anderen sind in Österreich eheliche und uneheliche Kinder schon längst rechtlich völlig gleichgest­ellt.

Die Ehe gab es schon, bevor sie als Rechtsbegr­iff eingefange­n wurde. Wer die Ehe umdefinier­t, nimmt der Sprache einen Begriff und die Möglichkei­t, eine vielschich­tige Beziehung mit einem Wort auf den Punkt zu bringen.

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