Seit 1975 kümmern sich Experten der Greifvogelstation Haringsee um verletzte Vögel. Was tun, wenn man selbst einen findet?
Wir haben da ein armseliges junges Vogerl gefunden. Was sollen wir denn jetzt damit machen?“So oder ähnlich lauten die Anfragen bei der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee. Teils öfter als 20 Mal täglich klingelt das Telefon der Einrichtung. Gerade im Sommer wird auf Hochtouren gearbeitet: „Falls notwendig, unterstützen wir selbst die Bergung“, informiert VogelExpertin Brigitte Kopetzky, „da müssen wir dann auch schon einmal auf den Baum rauf.“Die großteils verletzten Vögel werden dann auf der Station im Marchfeld bei Wien aufgezogen.
Der Veterinärmediziner Hans Frey gründete die Einrichtung, die dieses Jahr bereits rund 850 verletzte Wildtiere aufgenommen hat, 600 davon allein in den letzten beiden Monaten. AufgeMutter zogen werden die eingelieferten tierischen Patienten schlussendlich von Ammen der gleichen Art, um die schädliche Handaufzucht zu umgehen, erklärt Kopetzky: „Andernfalls würde das Tier zu sehr vom Menschen geprägt sein und diesen als Artgenossen ansehen.“Das wäre für eine erfolgreiche Auswilderung nach vorübergehender Rekonvaleszenz fatal. Tiere, die aufgrund von Invalidität nicht in die Freiheit entlassen werden können, bleiben im Areal und fungieren als Ammen für zukünftige Generationen.
kommt dem Institut das gute Verhältnis zur Veterinärmedizinischen Universität Wien zugute. Allerdings sollte keinesfalls jedes verletzt anmutende Tier „gerettet“werden. „Nicht jeder kleine Vogel ohne Mutter ist gefährdet“, erklärt Kopetzky, „manche sind tagsüber oft allein, die ist auf Futtersuche. Aufgrund ihrer Geruchsneutralität sind sie für Fressfeinde nicht aufzuspüren.“
Das Junge braucht aber sehr wohl Hilfe, wenn einer dieser drei Faktoren zutrifft: Entweder ist die Mutter nachweislich verunglückt, das Junge sichtbar verletzt oder der kleine Nestling in der Nähe einer Straße zu finden. Dann soll unmittelbar gehandelt werden. Tipps zur Erstversorgung werden auf der Webseite der Station (www.eulen-greifvogelstation.at) gegeben. Dort wird auch mit einer Mär aufgeräumt: Selbst wenn das Tier von einem Hund oder Menschen berührt wurde, soll es nicht mit in ein Heim, geschweige denn nach Hause genommen werden. Der Mutterinstinkt ist viel zu groß, um das Junge wegen fremden Geruchs abzustoßen. „Zur Sicherheit aber lieber anrufen, dann kann viel Tierleid erspart werden.“