Feines Belcanto-Schmuckstück
Musikalisch erfolgreich, szenisch nicht wirklich mit Leben erfüllt: Die Tiroler Festspiele Erl zeigen zur Eröffnung ihrer 20. Saison Gioacchino Rossinis „Semiramide“.
Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Sängerqualität Gustav Kuhn bei „seinen“Festspielen in Erl aufwarten kann. Und noch dazu bei einer als extrem diffizil geltenden Oper, die den Nimbus eines reinen Paradestücks für Primadonnen umgibt, wie ihn Joan Sutherland und Marilyn Horne jahrelang verbreitet haben.
Und so kann Rossinis „Semiramide“als Eröffnungspremiere der 20. Tiroler Sommerfestspiele mit Maria Radoeva als Titelheldin nicht nur optisch, sondern auch mit schwierigsten Koloraturen absolut sicher begeistern. Auch Svetlana Kotina fasziniert in der Hosenrolle des Arsace mit warmem, schönem Timbre und flexiblen Koloraturen. Richtig böse und kernig erweist sich Giovanni Battista Parodi als Assur. Hui Jin als dekadenter, indischer Prinz Idreno, begleitet von drei stets seine Schleppen tragenden Tänzerinnen, weiß seine glasklaren Höhen sicher einzusetzen. Etwas farblos wirkt Maria Rosaria Lopalco als viel verehrte Azema.
Rossini scheint dem Dirigenten Kuhn zu liegen. Denn trotz fast fünfstündiger Dauer (inklusive zweier Pausen) musiziert das jung und für Rossini groß besetzte Orchester der Tiroler Festspiele bis zum Finale immer leicht und spritzig.
Als Regisseur hingegen kann Gustav Kuhn die sehr ästhetisch wirkende, weiße Bühne trotz einnehmender Bilder und exquisiter Kostüme nicht wirklich mit Leben erfüllen: Ein lächerlich im Takt herumhopsender Chor, einige Tänzer und Protagonisten, die je nach Charakter weiße Tierköpfe sinnlos herumschieben und ansonsten herumstehen, sind zu wenig.
Riesiger Jubel!