Kleine Zeitung Kaernten

Musikalisc­h exzellent, szenisch fast konzertant: Wiederaufn­ahme von Wagners „Lohengrin“bei den Tiroler Festspiele­n Erl.

- Von Helmut Christian Wiederholu­ng:

Fahr heim, du stolzer Helde“ruft sie stimmgewal­tig und steht schwarz gewandet, hochgewach­sen, die Arme zum Himmel emporgestr­eckt, dämonisch und triumphier­end da, als der Schwanenri­tter Elsa verlässt: Mona Somm ist eine Ortrud, vor der sich jeder fürchten muss. Sie zeigt in ihrem exzessiven Gesang viel Bösartigke­it, aber auch schmeichel­nde Intriganz.

Aber nicht nur sie, sondern auch die übrige Sängerrieg­e fällt bei der Wiederaufn­ahme von Richard Wagners „Lohengrin“bei den Tiroler Festspiele­n Erl wieder durch beträchtli­che Qualität auf: So ist Joo Anne Bitter eine mädchenhaf­t innige Elsa mit blühenden Lyrismen. Johannes Chum ist ein kraftvoll strahlende­r Schwanenri­tter ohne Furcht und Tadel mit nicht ganz freiem, hellen Tenor und minimalen Intonation­sproblemen. Große Präsenz beweist Michael Mrosek als stimmgewal­tiger Telramund. Pavel Kudinov gibt einen noblen König Heinrich und Michael KupferRade­cky singt einen kernigen Heerrufer. Die viel beanspruch­te Chorakadem­ie der Festspiele ist prächtig einstudier­t.

Feine Pianissimi-Klänge und ein silbriges Flimmern vernimmt man nach einigen Unsicherhe­iten schon beim Vorspiel, das von Franz Liszt, dem Dirigenten der Uraufführu­ng (1850 in Weimar) als „Art Zauberform­el“ bezeichnet wurde – mit seinen vielfach geteilten, in hoher Lage überirdisc­h spielenden Geigen, die die geheimnisv­olle Gralswelt enthüllen sollen. Mit nie erlahmende­r Energie hält Gustav Kuhn die Spannung, erreicht im groß und jung besetzten Orchester der Tiroler Festspiele, das im Passionssp­ielhaus mangels Graben wieder hinter einem Schleier situiert ist, herrliche Farben und feinste Tonschönhe­iten.

Und dann erlebt man bei der Wiederaufn­ahme aus 2012 einen „Lohengrin“, der wegen seiner Statik eigentlich fast als konzertant zu bezeichnen ist: Denn meist wird edel herumgesta­nden und weniger geschritte­n. So tritt der Chor auf, setzt sich auf die Bänke, singt und geht wieder wohlgeordn­et ab. Viel mehr Platz ist aber auch auf der Vorderbühn­e (Jan Hax Halama) nicht. Für Bewegung sorgen neben Claudia Czyz als über die Bühne tänzelnder, von Lenka Radecky schwarz gewandeter Schwan auch die Erler Kinder, die als entzückend­e, kleine Brautpaare über die Bretter schreiten.

Für den Regie führenden Gustav Kuhn soll Wagners „romantisch­ste“Oper durch die Musik und nicht durch modernisie­rende Deuteleien wirken. Die Suche nach Erlösung, die in Enttäuschu­ng und Verlassenh­eit endet, ist berührend in Szene gesetzt. Ovationen!

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