Das strategische Dilemma der FPÖ
„Es scheint der FPÖ jegliche Themenführerschaft, die sie bisher erfolgreich innehatte, abhandengekommen sein.“
Das strategische Dilemma der FPÖ ist, dass sie noch immer keine Strategie für die Dynamik des Nationalratswahlkampfs gefunden hat, obwohl das Antreten von Sebastian Kurz und der vorverlegte Wahltermin für alle absehbar gewesen ist. Rund 100 Tage bis zum Urnengang und die mediale Berichterstattung dominiert das Duell Kurz gegen Kern, die sich geschickt mit bisherigen freiheitlichen Kernthemen um die Gunst der Wechselwähler und frustrierten Protestwähler matchen. Es scheint der FPÖ jegliche Themenführerschaft, die sie bisher in Wahlkämpfen erfolgreich innehatte, durch geschickte Schachzüge der Mitbewerber abhandengekommen zu sein. Mit Peter Pilz betritt eine weitere in der Öffentlichkeit bekannte Persönlichkeit die Bühne, die mit dem Aufdecker-Image (ehemals FPÖ) Aufmerksamkeit auf sich zieht. Allen Kandidaten gemein ist, dass sie mit mehr oder weniger populistischen Aussagen und geschicktem Agieren in sozialen Medien, bisher Alleinstellungsmerkmal Straches, bei den Wählern punkten. Strache umgeben von Populisten!? Während die FPÖ in offenbarer Schockstarre verharrt, gehen SPÖ, ÖVP und Pilz mit einer klaren strategischen Kommunikationsplanung in die Wahl. Sie setzen dabei geschickt auf ein Konzept, welches die Freiheitlichen bisher praktizierten: in Kenntnis der Kürze des Wahlkampfs auf plakative, stammtischgerechte Ansagen gemischt mit Quereinsteigern, die mediale Aufmerksamkeit sichern und qualitative inhaltliche Diskussionen verhindern. Auch das personelle Angebot lässt die FPÖ mittlerweile „alt“aussehen. Der um Jahre jüngere Kurz hat bei der Jugend Strache den „Coolness-Faktor“abgelaufen. Bei der älteren Generation nimmt man dem FPÖChef das Bild des „Elder Statesman“mit Brille nicht ab. Dazu kommt, dass die letzten Wahlgänge gezeigt haben, dass die FPÖ ein Mobilisierungsproblem hat, welches mit schwindender medialer Aufmerksamkeit größer wird.
Während SPÖ und ÖVP noch auf Vorfeldorganisationen setzen können, bleibt der FPÖ nur die Hoheit über die „Stammtischdiskussionen“, derer sich jetzt mehrere Personen bedienen.