Die Schreckensnacht von Kos
Zwei tote Urlauber, rund 120 Verletzte und ein Mini-Tsunami: Erdbeben traf die Urlaubsregionen Kos und Bodrum schwer.
Die Aufregung über die Waldbrände in Kroatien, die zahlreiche Österreicher aus dem beliebten Urlaubsland vertrieben haben, hat sich kaum gelegt, da gibt es bereits die nächste Schreckensmeldung: Ein Erdbeben der Stärke 6,5 erschütterte in der Nacht auf gestern die Ägäis, traf die Touristenregion Bodrum in der Türkei und die griechische Insel Kos schwer.
„Ich habe gedacht, die Decke kommt runter“, sagte Giannis Kapasakalis, Direktor einer der größten Reiseagenturen von Kos. Auf den Straßen herrschte Chaos: Viele Touristen, die keine Erdbeben kennen, hätten nicht gewusst, was los war, sagten Anrainer. Zwei junge Männer – ein 22-jähriger Schwede und ein 29-jähriger Türke – wurden von herabfallenden Trümmern der Decke einer Bar getroffen und starben. Zum Zeitpunkt des Bebens um 1.28 Uhr waren die Bars voller Gäste. Mehr als 120 Menschen wurden auf der Insel verletzt, 13 mussten in Kliniken nach Athen geflogen werden, unter ihnen ein weiterer Schwede, dem ein Bein abgetrennt worden war.
Obwohl derzeit an die 2500 Österreicher auf Kos Urlaub machen, dürfte niemand von ihnen zu Schaden gekommen sein. „Unsere Botschaft vor Ort ist mit den Behörden auf Kos und mit den Spitälern in Kontakt, um sicherzustellen, dass keine Österreicher betroffen sind“, sagte Außenministeriums-Sprecher Thomas Schnöll. Derzeit deute nichts darauf hin.
im Freien, notdürftig auf Liegestühlen an den Hotelpools oder auf Sesseln vor Lokalen, machten sich viele Urlauber gestern auf zum Lokalaugenschein. In der Altstadt von Kos waren die Schäden deutlich zu sehen. „Boote in der Werft sind umgekippt, Mauern teilweise eingestürzt, alte Gebäude in Mitleidenschaft gezogen. Die Altstadt war von der Polizei komplett abgesperrt“, berichtet der Niederösterreicher Johannes Hatter (21). Selbst Hotels außerhalb der Stadt wurden in Mitleidenschaft gezogen. Urlauber berichten von zertrümmerten Kronleuchtern, Verputz und Scherben auf dem Boden, Rissen an Hausmauern und Balkons. „Wir hatten alle die Bilder vom Tsunami in Thailand im Kopf“, erzählt die Vorarlbergerin Daniela Stotter, eine ehemalige Reisebüro-Mitarbeiterin, die derzeit selbst auf Kos urlaubt. Auch unter den Einheimischen sei die Verunsicherung groß, das Beben war nämlich das stärkste seit Jahrzehnten.
„Man ist so hilflos und merkt, wie gewaltig die Natur sein kann“, betont ein Berufsfeuer-
wehrmann aus Linz, der auf der Südseite untergebracht ist und dem Schlimmsten entging. Die Tsunami-Welle traf auch die türkische Stadt Bodrum, wo es ebenso Verletzte gibt und Boote ans Ufer geschleudert wurden.
Der Flughafen von Kos konnte gestern schon wieder seinen Betrieb aufnehmen, der Hafen blieb jedoch vorerst gesperrt. Im Flughafengebäude und in der Hitze davor stauten sich die Reisenden, die möglichst rasch von der Insel wollten. Die Lage sei „vollständig unter Kontrolle“, beruhigte ein Sprecher der griechischen Regierung im Fernsehen. „Der Flughafen ist betriebsfähig, die Straßen sind in guter Verfassung, es gibt keine bedeutenden Schäden an der Infrastruktur.“Die EU bot dennoch Hilfe an. „Wir sind uneingeschränkt bereit zu helfen“, so Krisenmanagement-Kommissar Christos Stylianides.