Wenn sich zwei Platten treffen
In der Ägäis sind Erdbeben keine Seltenheit. Ein ewiger Machtkampf zweier Platten.
Erdbeben treten meist unangekündigt auf und verwüsten ganze Landstriche. Auch dieses Mal konnten Seismologen keine Vorhersagen treffen. Überraschung war es allerdings trotzdem keine, erklärt Helmut Hausmann von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg): „Das betroffene Gebiet ist das am stärksten gefährdete im mediterranen Raum.“Grund dafür seien rege tektonische Plattenverschiebungen. „Die afrikanische Platte rückt pro Jahr um einen Zentimeter nach Norden, trifft dort auf die ägäische, diese verhakt sich, kann nicht zurückweichen und wird nach unten gedrückt.“Diese sogenannte Subduktion habe laut Hausmann auch den kleinen Tsunami ausgelöst, der oft mit Erdbeben ab erhöhter Magnitude einhergeht.
Die Nachbeben werden – vor allem rund um das Epizentrum – noch Monate andauern, allerdings mit abnehmender Intensität und Häufigkeit. „In ganz seltenen Fällen kann ein Nachbeben sogar stärker als das Hauptbeben sein“, bestätigt Hausmann, stuft dieses Ereignis allerdings als sehr unwahrscheinlich ein. Nicht auszuschließen seien Nachbeben mit Stärken bis zu Faktor 5,5 auf der Richterskala. Diese könnten zum endgültigen Einsturz bröckelnder Gebäude führen. Urlauber in betroffenen Gebieten werden die wuchtige Nachbebentätigkeit zu spüren bekommen, ist Hausmann überzeugt.
Wer auf Nummer sicher gehen will, soll die ägäischen Gebiete meiden. Das gilt allerdings nicht nur unmittelbar nach diesem Hauptbeben, sondern generell: „In der seismologischen Karte sind diese Gebiete rot gefärbt – das deutet auf den erhöhten Gefahrenbereich hin.“
Das Beben bei Lesbos am 12. Juni stünde laut dem Seismologen zwar nicht in direktem Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen, das Spannungsfeld sei allerdings das gleiche.