Vorsicht, Kamera!
Ein Netz aus Überwachungskameras spannt sich über Klagenfurt. Jedoch nur wenige nimmt man wahr.
Big brother is watching you – der Große Bruder sieht dich“, schrieb der britische Autor George Orwell in seiner Überwachungsdystopie „1984“. Ein Satz, der 2017 mehr denn je gilt – auch in Klagenfurt. Denn auch wenn viele den Blick selten auf sie richten: die Überwachungskameras sind permanent auf uns gerichtet.
Im Strandbad und im Lorettobad, in den Cityarkaden, der Alpen-Adria-Universität und bei Möbelhäusern wie XXXLutz und Ikea erwartet man Video-Überwachungsanlagen ohnehin. Dass das Haus der Volkshilfe in der Platzgasse und der Fitnessclub P4 in der Pischeldorferstraße sowie der Eingang der Gebietskrankenkasse überwacht werden, überrascht dann aber doch etwas.
Reden wollen über ihre Überwachungsanlagen aber nur die wenigsten Unternehmer. Walter Jarz, Kärntens größter McDonald’s-Gastronom mit mehreren überwachten Standorten in Klagenfurt ist eine Ausnahme: „Das Wohl unserer Gäste und Mitarbeiter hat für uns oberste Priorität. Die Aufnahmen sind für ihre Sicherheit und werden nach spätestens 72 Stunden gelöscht.“
Wie viele Kameras es in Klagenfurt tatsächlich gibt, vermag auch Matthias Schmidl, stellvertretender Leiter der Datenschutzbehörde, nicht zu sagen. Denn auch wenn ein Teil der Kameras genehmigungspflichtig ist, „so gibt es doch viele Unternehmen und Privatpersonen, die ihre Kameras nicht melden und noch mehr Ausnahmen“. Denn Banken, Juweliere, Antiquitätenund Kunsthändler, Trafiken und Tankstellen müssen ihre Kameras nicht melden. Auch für Verwaltungsgebäude öffentlicher Rechtsträger – zum Beispiel Gemeinden – oder Parkgaragen und -plätze gilt diese Ausnahme. Hans Zeger, Obmann der Arge Daten, spricht von einer „Dunkelziffer“von 100.000 nicht angemeldeter Überwachungskameras in Österreich. Eine vorsichtige Schätzung beziffert die Zahl der Kameras alleine in Klagenfurt auf weit über 300. Mit ein Grund für den Wildwuchs ist, dass durch die technischen Möglichkeiten – Überwachungssysteme wurden in den vergangenen Jahren immer günstiger – auch kleinere Betriebe zu dieser Maßnahme greifen. Weitere Beispiele in der Stadt: das Notariat Stein in der Herrengasse, der Verein Hermagoras oder das Laufhaus Tabaris in der Villacherstraße.
Johann Maier, Vorsitzender des Datenschutzrates, kritisiert die Kameras als „populistischen Trend“der vergangenen Jahre. Als langjähriger SPÖ-Nationalratsabgeordneter stellte er jedes Jahr dem Innenminister eine parlamentarische Anfrage nach den Erfolgen der VideoÜberwachung. Das Resultat: „Es gibt sie faktisch nicht. Sie ist lediglich eine Beruhigungspille für die öffentliche Meinung.“Er übt vielmehr Kritik daran, dass die politische Diskussion den technischen Möglichkeiten hinterher hinkt, „denn technisch stehen wir knapp davor, den öffentlichen Raum völlig zu kontrollieren“.