Mit Puppen durch das Rote Meer
Große Begeisterung und einige Buhrufe für Rossinis „Mosè in Egitto“in Bregenz.
Finsternis, Hagel, Heuschrecken und andere Plagen sendet der Herr über die Ägypter, weil sie die Israeliten gefangen halten. Um nichts weniger als die Teilung des Roten Meeres, durch das die Israeliten trockenen Fußes ziehen und in dem die Ägypter ertrinken, geht es im 3. Akt von „Mosè in Egitto“. Rossini und sein Librettist Tottola verknüpfen die „Azione tragicosacra“mit einer unglücklichen Liebesgeschichte zwischen Osiride, dem Sohn des Pharao, und Elcìa, einer Hebräerin.
Die Holländerin Lotte de Beer hat für die Darstellung des eigentlich nicht Darstellbaren das Theaterkollektiv Hotel Modern aus ihrer Heimat ins Boot geholt. Das Quartett hat kleine Puppen geformt, Szenerien wie eine intakte und eine verbrannte Stadt auf kleinstem Raum aufgebaut. Die filmen und projizieren sie auf die große Kugel, die als Auge Gottes, Erdkugel oder höhere Macht die Bühne von Christof Hetzer prägt. Immer wieder streift die Kamera verlassene Straßenschluchten, Tierkadaver, Leichen, aber auch eine schier unendliche Prozession individuell gestalteter Puppen mit Lasten beim Zug durch das Rote Meer.
der vier Theatermacher bricht als Spiel im Spiel das Tragische der Geschichte auf, trifft aber auch den spielerischen Witz, den Rossinis Musik vermittelt. Dazu führt de Beer ihr spielfreudiges Ensemble von Chor und Solisten auf der Drehbühne mit Sandbergen, Holzstegen und beweglichen Holzwürfeln.
Große Chorszenen vermischen sich mit Arien, Duetten und Ensembles mit perlenden Koloraturen. Für die Feinzeichnung mit den Wiener Symphonikern und dem Prager Philharmonische Chor sorgt der Italiener Enrique Mazzola, der die bei aller tragischen Handlung immer wieder quirlig leichte Rossini-Musik zu gestalten weiß.
Für die Partie des charismatischen Anführers Mosè ist der kroatische Bass Goran Juric´ die ideale Besetzung; sein eindringliches Gebet mit Chor vor dem Zug durch das Rote Meer ist einer der feierlich zelebrierten Höhepunkte. Andrew Foster-Williams als Faraone und der südafrikanische Tenor Sunnyboy Dladla als Osiride tragen ihre VaterSohn-Konflikte in funkelnden Arien und Duetten aus. Ebenso glänzen Mandy Fredrich als Königin Amaltea und Clarissa Costanzo als die heimliche Geliebte Elcìa mit großen Gefühlen und ausladenden Koloraturen.