FRAGE DER WOCHE Sind die Retter Komplizen der Schlepperbanden?
Zweifelhaft ist es, wenn manche Hilfsorganisationen in Kontakt mit kriminellen Schlepper banden stehen. Auch der deutsche und der italienische Innenminister sehen dies ähnlich.
Menschenleben zu retten, ist nicht zweifelhaft, sondern zutiefst anständig und richtig, Punkt. Viele NGOs leisten dabei hervorragende Arbeit. Zweifelhaft ist es aber, wenn manche Hilfsorganisationen mit kriminellen Schlepperbanden in Kontakt stehen und bis auf wenige Hundert Meter an die libysche Küste herankommen, um Flüchtlingsboote direkt zu übernehmen und sie den restlichen Weg bis nach Europa zu bringen. Zweifelhaft ist es auch, wenn NGOs vor der Küste mit Lichtsignalen operieren, um Schleppern einen Zielkurs für Flüchtlingsboote vorzugeben. Auch aus der Motivation heraus, etwas Gutes zu tun, können zusätzliches Leid und Unrecht entstehen. Vor allem dann, wenn dadurch das menschenverachtende Geschäft der Schlepper zusätzlich befeuert und ihre Bereitschaft, Leben aufs Spiel zu setzen, weiter gestärkt wird. Es ist eine Tatsache, dass die Opferzahlen im Mittelmeer stetig zunehmen, obwohl noch nie so viel in die Rettung von Menschen investiert wurde wie heute. Es ist auch Fakt, dass Schlepperbanden in der Annahme einer raschen Rettung von Flüchtlingen immer noch schlechtere Boote und Schutzwesten zur Verfügung stellen und mit immer noch weniger Treibstoff kalkulieren. Sie nehmen bewusst immer größere Risiken für Flüchtende in Kauf, um ihre Profite zu maximieren.
Es mag der leichtere Weg sein, diese unbequeme Wahrheit nicht anzusprechen, verantwortungsvoll wäre das aber nicht. Außenminister Sebastian Kurz hat schon vor einigen Wochen auf dieses Thema hingewiesen und dafür von allen Seiten massive Kritik geerntet. Heute werden offensichtliche Kontakte zwischen NGOs und kriminellen Schlepperbanden auf europäischer Ebene diskutiert. Auch meine Amtskollegen aus Deutschland und Italien übten erst kürzlich Kritik am Verhalten mancher NGOs und zeigten gravierende Fehlentwicklungen auf. Italien hat mit der Vorlage eines Verhaltenskodex für Hilfsorganisationen auch schon einen wesentlichen Schritt gesetzt, um derartige Vorgänge künftig zu unterbinden. Klar ist auch, dass diese Maßnahme nur ein erster Schritt sein kann, um die Situation auf dem Mittelmeer unter Kontrolle zu bringen. Ohne das deutliche Signal, dass wir fest entschlossen sind, die Mittelmeerroute zu schließen und der illegalen Migration einen Riegel vorzuschieben, wird das sinnlose Sterben kein Ende nehmen. Die Forderung des Außenministers, auch den Fährtransport von illegalen Migranten auf das europäische Festland zu stoppen, kann daher nur volle Unterstützung erhalten.