Losentscheid auf Facebook
Pilz entscheidet morgen über Antreten, Düringer sammelt Unterschriften. Lugar sondiert.
Ein letztes Mal will Peter Pilz heute Vormittag noch die obersteirische Bergwelt durchstreifen, um den einen oder anderen Herrenpilz für ein köstliches Mittagsmahl aufzustöbern. In den nächsten Wochen wird der Jäger zum Gejagten. Morgen wollen sich Pilz und seine Getreuen – angeblich 15 bis 20 an der Zahl – in Wien zusammensetzen, um auf Basis eines Finanz-, Kampagnen- und Personalplans den Weg für eine Kandidatur bei den Nationalratswahlen frei zu machen. „Es sieht sehr gut aus, die Würfel sind allerdings noch nicht gefallen“, hält der ehemalige Grüne die Spannung aufrecht. Übermorgen dürfte Pilz bei einer Pressekonferenz sein Antreten bekannt geben. Anders als Sebastian Kurz will Pilz nicht nach und nach die Namen seiner Mitstreiter lüften, sondern gleich den Großteil seiner Truppe der Öffentlichkeit vorstellen. Am letzten Montag trat er nach 31 Jahren aus der Grünbewegung aus, am Mittwoch bezog er ein neues Büro.
Am Dienstag steigt auch Roland Düringer in den Ring. Um die nötigen 2600 Unterstützungserklärungen zu bekommen, tourt der Schauspieler und Kabarettist durch Österreich, am Mittwoch macht er in Graz und in Klagenfurt Station. Düringer tritt mit einer Jux-Liste bei den Wahlen an. Er selbst wird zwar die Liste anführen und auf Platz eins kandidieren, allerdings will er kein Mandat annehmen, sollte die „Liste Roland Düringer – Meine Stimme gilt“, so deren Bezeichnung, in den Nationalrat einziehen. Wer statt ihm die Plätze einnehmen wird, weiß nicht einmal Düringer selbst. Zwar wurden in den letzten Wochen im Zuge eines mehrstufigen Castingverfahrens aus mehr als 1000 Bewerbungen 50 Kandidaten ermittelt, deren Namen jedoch noch geheim gehalten werden. Über die Reihung entscheidet allerdings das Los. Mitte August will man die Ziehung via Facebook live übertragen.
Ungleich ernsthafter gehen es die Neos unter Matthias
Strolz an. Nach Karl Sevelda, dem ehemaligen Chef von Raiffeisen International, und dem einstigen ÖVP-Generalsekretär Ferry Maier haben die Neos mit dem als Facebook-Rebell bekannten Datenschutz- Aktivisten Max Schrems einen weiteren Mitstreiter für den Wahlkampf gewonnen. Schrems wird genauso wenig wie Sevelda und Maier kandidieren, er soll aber ein „Konzept für die faire Digitalisierung“entwerfen. Im Laufe der Wochen sollen weitere prominente Unterstützer, angeblich für den Bereich Europa, präsentiert werden.
Unbedingt antreten will Robert Lugar, Klubobmann des im Zerfall befindlichen Team Stronach, allerdings ist noch offen, in welcher Form. Von den einst elf Abgeordneten sind nur noch sechs mit an Bord, einer der Mandatare, Christoph Hagen, ist nun zur neuen Liste des einstigen Salzburger FPÖ-Chefs
Karl Schnell übergelaufen. Ob auch Lugar dort andockt? Die TVDuelle kann Lugar nur noch vor dem Fernsehschirm verfolgen, das ORF-Sommergespräch am 31. Juli bestreitet
Frank Stronach höchstpersönlich.
Dass Pilz, Düringer und auch Lugar in diesen Tagen besonders aktiv werden, ist kein Zufall. Am Dienstag ist der sogenannte Stichtag, der über die Reihung auf dem Wahlzettel entscheidet. Auf den ersten Plätzen rangieren in gewohnter Weise die im Parlament vertretenen Parteien nach dem Ergebnis der letzten Wahl, die restlichen Plätze werden nach dem „First come“-Prinzip vergeben. Wer antreten will, benötigt entweder die Unterschriften dreier Abgeordneter oder von 2600 Bürgern – der Abgeordnete kann groteskerweise mehrere Listen unterstützen. Wahlberechtigt sind am 15. Oktober alle Österreicher, die am Wahltag das 16. Lebensjahr erreicht haben – und am Stichtag übermorgen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Wer erst im September eingebürgt wird, darf nicht wählen. Sei 2011 ist Strafgefangenen die Teilnahme an Wahlen wieder erlaubt.