Hinter dem Erfolg von Roger Federer steht ein Spezialistenteam aus Trainern, Logistikern und PR-Profis. Über all dem wacht seine Ehefrau Mirka.
PORTRÄT.
Wenn Roger Federer gewinnt, jubelt die ganze Schweiz, geht ein Raunen um die Welt. Prinz William applaudiert begeistert, Herzogin Kate lächelt verklärt – und das Wimbledon-Finale wird zum Kindergeburtstag. Die Töchter des Champions, Myla und Charlene, nehmen ihre Brüderchen Leo und Lenny bei der Hand und zeigen ihnen, wo ihr Papi bald den Pokal erhält. Zu interessieren scheint es die beiden Buben zwar nicht. Doch in ihren blauen Blazern und frisch gebügelten Hosen werden sie zu den heimlichen Stars des Tennisnachmittags: „Ich glaube, die Buben haben keine Ahnung, was hier abgeht. Die denken wohl: ,Schöne Aussicht und schöner Rasen – das muss ein Spielplatz sein‘“, sagte Federer im Siegerinterview.
Alles scheint locker und spontan. Tatsächlich wird jedoch nichts dem Zufall überlassen. Federer und seine Familie – das ist die wichtigste Außendarstellung eines Sportlers, der sonst kaum etwas Privates preisgibt. Als der Tennisstar 2014 in Wollerau ein neues Haus bauen ließ, mussten alle Handwerker schriftlich garantieren, dass sie keine Fotos machen. Nach Interviews schaut er sich die Manuskripte gerne persönlich an. Homestorys macht er aus Prinzip nicht. Roger Federer behält Übersicht und Kontrolle – auf wie neben dem Platz.
Aus dem talentierten Junior, der seine Emotionen nur schwer im Griff hatte, der Rackets malträtierte und auch schon einmal seine Mutter anschnauzte, ist der größte Sportler der Schweizer Geschichte geworden. Die „Neue Zürcher Zeitung“bezeichnete ihn als „gesellschaftliches Phänomen“, das weit über den Tennisplatz hinausgehe. Sogar Tenniscracks wie John McEnroe vergewissen neigen sich vor ihm: „Federer ist der begabteste Spieler, den ich in meinem Leben gesehen habe.“Und Boris Becker, zuvor eher zurückhaltend in der Beurteilung des Schweizers, kommentierte vergangene Woche auf BBC: „Federer hat nicht fünf oder sechs Gänge, sondern zehn.“
Die sportlichen Leistungen und wirtschaftlichen Tatsachen lassen sich in Zahlen fassen. In Wimbledon erreichte Federer unter anderem die Rekordmarken von 10.000 Assen und 85 Siegen. Auf seine Qualitäten beim Service angesprochen, sagt er unbescheiden: „Man könnte mich um drei Uhr morgens wecken, und ich würde gleich gut aufschlagen, wie wenn ich aufgewärmt wäre.“
Zu seinem achten Wimbledon-Triumph stürmte er mit der perfekten Bilanz: sieben Spiele, sieben Siege, kein Satzverlust – in insgesamt 9:19 Stunden. Bei einem Preisgeld von 2,5 Millionen Euro macht das einen Stundenlohn von rund 270.000 Euro aus. Die Bilanz führt Federer im Ranking der 300 reichsten Schweizer auf Platz 205 – mit einem geschätzten Jahreseinkommen von 61 Millionen Euro und einem Vermögen von 383 Millionen Euro. Das amerikanische Wirtschaftsmagazin „Forbes“bewertet das Label „RF“mit 37 Millionen Dollar.
Die Statistiken und Preise mögen eine Ahnung vermitteln der Ausnahmefigur Federer, doch sie erklären sie nicht. Es sind die perfekte Organisation und das blütenweiße Image, die Roger Federer zu einer Persönlichkeit machen, die der Normalität zu entschweben scheint, und ihn in Sphären aufsteigen lassen, die nicht nur im Land der Skisternchen und Schwingerkönige einige überfordert. Während andere Sportgrößen früher oder später in ein mediales Fettnäpfchen treten, im Privatleben sündigen, in die Dopingfalle tappen oder das Geld verprassen, ist die Vita von Roger Federer frei von Makeln und Skandalen. Es scheint, der Mann habe zeitlebens nicht einmal einen Strafzettel kassiert. Federer sagt: „Es ist nett, wichtig zu sein – aber noch wichtiger ist es, nett zu sein.“
Der Perfektionist geht auch bei der Auswahl seiner Gewährsleute mit Akribie und Detailpflege vor. Loyalität und Diskretion stehen über allem. Seine wichtigste sportliche Bezugsperson ist der frühere Tennisspieler Severin Lüthi, 41. Seit zwanzig Jahren kennen sich die beiden, seit 2007 begleitet der Berner, der mit siebzehn Jahren Schweizer Meister wurde, Federer auf der Tour. Lüthi sorgt für die logistische Feinabstimmung, organisiert die Trainings und bietet die Sparringspartner auf. Dabei macht es Federer gleich wie sein Rivale Rafael Nadal: Bei längeren Übungseinheiten wechselt er nach einer Zeit den Gegner aus, um so auf physisch konstant hohem Niveau gefordert zu werden. Als zweiter Coach fungiert der frühere Spitzenspieler Ivan Ljubicic. Der 38-jährige Kroate konnte Federer damals als Aktiver dreimal bezwingen, und das haben nicht viele geschafft.
Vor anderthalb Jahren ersetzte er als Trainer den ehemaligen Weltranglistenersten Stefan Edberg. Und dieser Wechsel bringt nun mit einer gewissen Verzögerung die erhoffte Ernte ein. Der frühere Offensivspezialist aus Banja Luka und Lüthi scheinen sich perfekt zu ergänzen. Sie setzen dabei voll auf Offensive. Denn besser zu verteidigen, als es Novak Djokovic, Rafael Nadal und Andy Murray tun, das geht laut Ljubicic gar nicht.
Für hervorragende physische Basisarbeit garantieren zwei Persönlichkeiten, die sich auch in anderen Sportarten einen Namen gemacht haben: Pierre Paganini, 59, der wohl renommierteste Fitnesstrainer der Schweiz, sowie der Physiotherapeut Daniel Troxler, 57. Letzvon