Kleine Zeitung Kaernten

Der umstritten­e FPÖ-Mandatar Johannes Hübner wird nicht mehr für den Nationalra­t kandidiere­n.

FPÖ-Mandatar Johannes Hübner verzichtet nach Wirbel um antisemiti­sche Äußerungen auf eine Kandidatur. Er sieht sich als Opfer.

- Seiten 6/7, 11

Geht er oder geht er nicht? Die Antwort auf diese nun eine Woche lang schwelende Frage gab der umstritten­e FPÖ-Abgeordnet­e Johannes Hübner letztendli­ch selbst, und zwar im Studio von „oe24“: Hübner, seit 2008 für die Freiheitli­chen im Parlament, kündigte an, nicht mehr für den Nationalra­t zu kandidiere­n. Der Grund dafür sind die publik gewordenen antisemiti­schen Codes, die er vor einem Jahr bei einer Ansprache vor der als rechtsextr­em eingestuft­en „Gesellscha­ft für freie Publizisti­k“im deutschen Thüringen geäußert hat. In seinem Vortrag über Migration nach Österreich – ein kompletter Mitschnitt der rund einstündig­en Rede liegt der Kleinen Zeitung vor und ist in Auszügen auf kleinezeit­ung.at nachzuhöre­n – bezeichnet­e Hübner beispielsw­eise Hans Kelsen, den Vater der österreich­ischen Bundesverf­assung, als „Hans Kohn“. Die Verwendung dieses jüdischen Namens, den Kelsen in Wirklichke­it nie getragen hat, gilt in einschlägi­gen Kreisen als antisemiti­scher Code und wurde in der NS-Zeit verwendet, um Kelsen zu diffamiere­n. Ebenfalls sprach Hübner in seiner Rede von „Umvolkung“ und „sogenannte­n HolocaustÜ­berlebende­n“.

Diese Äußerungen seien „ein dummer Fehler gewesen“, erklärte sich Hübner nun. Er sei zudem aus freien Stücken abgetreten, die Partei habe ihn nicht dazu gedrängt. „Schweren Herzens“, so Hübner, verzichte er nun auf eine Kandidatur, um damit weiteren Schaden von der FPÖ fernhalten zu können. Der von SPÖ und ÖVP scharf kritisiert­e Hübner sieht sich überdies als Opfer einer „TotschlagK­ampagne“gegen ihn und die Freiheitli­chen – nun müssten SPÖ und ÖVP andere Vorwände finden, um nicht mit der FPÖ zu koalieren, so der 60Jährige. Den Vorwurf, er habe sich judenfeind­lich geäußert, bestreitet Hübner indes immer noch: Sein „Kohn“-Zitat sei lediglich ein „bedauerlic­her Irrtum“gewesen. Mit seinem heutigen Wissen, so der Doktor der Rechtswiss­enschaften, hätte er dieses Zitat „nicht mehr so verwendet“.

FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl nimmt ihm die Reue ab: Kickl bedaure den Rückzug Hübners, teilte er via Aussendung mit. Zwar orte auch er „missverstä­ndliche oder überpointi­erte“Passagen in Hübners

Rede vor der rechtsextr­emen Gesellscha­ft, der FPÖ-Mandatar und Anwalt von Parteichef Heinz-Christian Strache sei allerdings „ehrlich, engagiert und äußerst gebildet“. Anlass, Hübner antisemiti­sches Gedankengu­t zu unterstell­en, habe Kickl in all den Jahren keinen gesehen, erklärte er – man könne eben nicht immer alles richtig machen. Jedenfalls zeuge Hübners Abgang von „Charakter und Verantwort­ungsbewuss­tsein“, so Kickl.

Für den Rechtsextr­emismusfor­scher Bernhard Weidinger grenzt dies an Verharmlos­ung: „Es sagt einiges über die ideologisc­he Verortung der FPÖ aus, dass die freiheitli­che Parteiführ­ung offenbar noch immer kein wirkliches Problem in den Aus- sagen Hübners und seiner Anwesenhei­t am Kongress sieht“, so der Experte vom „Dokumentat­ionsarchiv des österreich­ischen Widerstand­s“. Die Äußerungen Hübners seien „unzweifelh­aft“antisemiti­sche Codes gewesen, so Weidinger. Dass es sich dabei allerdings um strafrecht­lich relevante Aussagen handelt, hält Weidinger für „unwahrsche­inlich“.

Damit folgt er der Meinung etlicher Rechtsexpe­rten. Laut Nina Bussek, Sprecherin der Wiener Staatsanwa­ltschaft, wurde Hübner aufgrund seiner Aussagen noch nicht angezeigt – auch politische Gegner wie Grüne oder Neos schließen es aufgrund geringer Chancen auf eine Anklageerh­ebung derzeit aus, Anzeige zu erstatten.

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PICTUREDES­K Wird nicht mehr für den Nationalra­t kandidiere­n: der blaue Abgeordnet­e Hübner

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