Der umstrittene FPÖ-Mandatar Johannes Hübner wird nicht mehr für den Nationalrat kandidieren.
FPÖ-Mandatar Johannes Hübner verzichtet nach Wirbel um antisemitische Äußerungen auf eine Kandidatur. Er sieht sich als Opfer.
Geht er oder geht er nicht? Die Antwort auf diese nun eine Woche lang schwelende Frage gab der umstrittene FPÖ-Abgeordnete Johannes Hübner letztendlich selbst, und zwar im Studio von „oe24“: Hübner, seit 2008 für die Freiheitlichen im Parlament, kündigte an, nicht mehr für den Nationalrat zu kandidieren. Der Grund dafür sind die publik gewordenen antisemitischen Codes, die er vor einem Jahr bei einer Ansprache vor der als rechtsextrem eingestuften „Gesellschaft für freie Publizistik“im deutschen Thüringen geäußert hat. In seinem Vortrag über Migration nach Österreich – ein kompletter Mitschnitt der rund einstündigen Rede liegt der Kleinen Zeitung vor und ist in Auszügen auf kleinezeitung.at nachzuhören – bezeichnete Hübner beispielsweise Hans Kelsen, den Vater der österreichischen Bundesverfassung, als „Hans Kohn“. Die Verwendung dieses jüdischen Namens, den Kelsen in Wirklichkeit nie getragen hat, gilt in einschlägigen Kreisen als antisemitischer Code und wurde in der NS-Zeit verwendet, um Kelsen zu diffamieren. Ebenfalls sprach Hübner in seiner Rede von „Umvolkung“ und „sogenannten HolocaustÜberlebenden“.
Diese Äußerungen seien „ein dummer Fehler gewesen“, erklärte sich Hübner nun. Er sei zudem aus freien Stücken abgetreten, die Partei habe ihn nicht dazu gedrängt. „Schweren Herzens“, so Hübner, verzichte er nun auf eine Kandidatur, um damit weiteren Schaden von der FPÖ fernhalten zu können. Der von SPÖ und ÖVP scharf kritisierte Hübner sieht sich überdies als Opfer einer „TotschlagKampagne“gegen ihn und die Freiheitlichen – nun müssten SPÖ und ÖVP andere Vorwände finden, um nicht mit der FPÖ zu koalieren, so der 60Jährige. Den Vorwurf, er habe sich judenfeindlich geäußert, bestreitet Hübner indes immer noch: Sein „Kohn“-Zitat sei lediglich ein „bedauerlicher Irrtum“gewesen. Mit seinem heutigen Wissen, so der Doktor der Rechtswissenschaften, hätte er dieses Zitat „nicht mehr so verwendet“.
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nimmt ihm die Reue ab: Kickl bedaure den Rückzug Hübners, teilte er via Aussendung mit. Zwar orte auch er „missverständliche oder überpointierte“Passagen in Hübners
Rede vor der rechtsextremen Gesellschaft, der FPÖ-Mandatar und Anwalt von Parteichef Heinz-Christian Strache sei allerdings „ehrlich, engagiert und äußerst gebildet“. Anlass, Hübner antisemitisches Gedankengut zu unterstellen, habe Kickl in all den Jahren keinen gesehen, erklärte er – man könne eben nicht immer alles richtig machen. Jedenfalls zeuge Hübners Abgang von „Charakter und Verantwortungsbewusstsein“, so Kickl.
Für den Rechtsextremismusforscher Bernhard Weidinger grenzt dies an Verharmlosung: „Es sagt einiges über die ideologische Verortung der FPÖ aus, dass die freiheitliche Parteiführung offenbar noch immer kein wirkliches Problem in den Aus- sagen Hübners und seiner Anwesenheit am Kongress sieht“, so der Experte vom „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands“. Die Äußerungen Hübners seien „unzweifelhaft“antisemitische Codes gewesen, so Weidinger. Dass es sich dabei allerdings um strafrechtlich relevante Aussagen handelt, hält Weidinger für „unwahrscheinlich“.
Damit folgt er der Meinung etlicher Rechtsexperten. Laut Nina Bussek, Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, wurde Hübner aufgrund seiner Aussagen noch nicht angezeigt – auch politische Gegner wie Grüne oder Neos schließen es aufgrund geringer Chancen auf eine Anklageerhebung derzeit aus, Anzeige zu erstatten.