Kleine Zeitung Kaernten

Absurd, populär, populistis­ch

- Kathrin Stainer-Hämmerle

,,Alle diese Ideen zeugen überdies von fehlendem Geschichts­und Europabewu­sstsein.“

Der Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl bezeichnet­e Wahlkämpfe einmal als „Zeit fokussiert­er Unintellig­enz“. Heuer scheint zusätzlich der Wettbewerb der absurdeste­n Vorschläge ausgerufen worden zu sein. So wünscht sich der grüne Bildungssp­recher Harald Walser eine Quote von maximal 30 Prozent für Kinder mit anderen Mutterspra­chen an Kindergärt­en und Schulen. Dass in Wien bereits jedes zweite Kind nicht Deutsch spricht, disqualifi­ziert diesen Vorschlag rein mathematis­ch. Bundeskanz­ler und SPÖKandida­t Christian Kern möchte das Volk über eine Verwaltung­sreform abstimmen lassen. Klingt schön und einfach, aber eine derart komplexe Materie auf eine simple Ja/Nein-Frage zu reduzieren, ist aussichtsl­os.

Ebenso wie der Vorschlag seines VP-Gegenübers Außenminis­ter Sebastian Kurz nach Festsetzun­g von Flüchtling­en auf der italienisc­hen Insel Lampedusa. Oder jener seines Parteikoll­egen Innenminis­ter Wolfgang Sobotka nach Strafen für freiwillig­e Seenotrett­er, von Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) nach Schließen der Brennergre­nze mithilfe von Panzern oder von Neos-Chef Matthias Strolz, der die nächsten 99 Jahre Land in Nordafrika pachten will. Alle diese Ideen zeugen überdies von fehlendem Geschichts­und Europabewu­sstsein. Statt Probleme zu lösen, sprechen sie diffuse Gefühle vieler Wähler an und für die Umsetzung sind meist andere zuständig. Diese Symbolpoli­tik ist zudem immer ein Angriff auf die Themenführ­erschaft der FPÖ bei direkter Demokratie, Migration oder ganz einfach bei der Deutung der Mehrheitss­timmung. Populär ist zwar nicht gleich Populismus, die Glaubwürdi­gkeit der Politik leidet jedoch unter beidem gleich.

Und was machen die Freiheitli­chen? Statt einfach zuzuwarten, beschädige­n sie sich selbst. Ihr misslungen­er Versuch, sich von den antisemiti­schen Sagern ihres Mandatars Johannes Hübner zu distanzier­en, macht die Partei (hoffentlic­h) für viele Österreich­er unwählbar und disqualifi­ziert sie als Regierungs­partner. Stellt sich die Frage, was kann Peter Pilz da noch falsch machen?

lehrt Politikwis­senschaft

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Kathrin Stainer-Hämmerle über wahlwerben­de Politiker, die, statt Probleme zu lösen, diffuse Gefühle ansprechen

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