Absurd, populär, populistisch
,,Alle diese Ideen zeugen überdies von fehlendem Geschichtsund Europabewusstsein.“
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl bezeichnete Wahlkämpfe einmal als „Zeit fokussierter Unintelligenz“. Heuer scheint zusätzlich der Wettbewerb der absurdesten Vorschläge ausgerufen worden zu sein. So wünscht sich der grüne Bildungssprecher Harald Walser eine Quote von maximal 30 Prozent für Kinder mit anderen Muttersprachen an Kindergärten und Schulen. Dass in Wien bereits jedes zweite Kind nicht Deutsch spricht, disqualifiziert diesen Vorschlag rein mathematisch. Bundeskanzler und SPÖKandidat Christian Kern möchte das Volk über eine Verwaltungsreform abstimmen lassen. Klingt schön und einfach, aber eine derart komplexe Materie auf eine simple Ja/Nein-Frage zu reduzieren, ist aussichtslos.
Ebenso wie der Vorschlag seines VP-Gegenübers Außenminister Sebastian Kurz nach Festsetzung von Flüchtlingen auf der italienischen Insel Lampedusa. Oder jener seines Parteikollegen Innenminister Wolfgang Sobotka nach Strafen für freiwillige Seenotretter, von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) nach Schließen der Brennergrenze mithilfe von Panzern oder von Neos-Chef Matthias Strolz, der die nächsten 99 Jahre Land in Nordafrika pachten will. Alle diese Ideen zeugen überdies von fehlendem Geschichtsund Europabewusstsein. Statt Probleme zu lösen, sprechen sie diffuse Gefühle vieler Wähler an und für die Umsetzung sind meist andere zuständig. Diese Symbolpolitik ist zudem immer ein Angriff auf die Themenführerschaft der FPÖ bei direkter Demokratie, Migration oder ganz einfach bei der Deutung der Mehrheitsstimmung. Populär ist zwar nicht gleich Populismus, die Glaubwürdigkeit der Politik leidet jedoch unter beidem gleich.
Und was machen die Freiheitlichen? Statt einfach zuzuwarten, beschädigen sie sich selbst. Ihr misslungener Versuch, sich von den antisemitischen Sagern ihres Mandatars Johannes Hübner zu distanzieren, macht die Partei (hoffentlich) für viele Österreicher unwählbar und disqualifiziert sie als Regierungspartner. Stellt sich die Frage, was kann Peter Pilz da noch falsch machen?
lehrt Politikwissenschaft