Das blaue Eigentor
Die FPÖ reagierte zu spät und zu wenig deutlich auf den Antisemitismus-Skandal ihres Abgeordneten. Allein dessen Teilnahme an einem rechtsextremen Kreis disqualifizierte ihn.
Sieben Tage benötigte die FPÖ, um zu erkennen, dass ihr Nationalratsabgeordneter Johannes Hübner nach seinen antisemitischen Auswüchsen auf einem rechtsradikalen Kongress nicht mehr zu halten ist. Natürlich zog Hübner nach offizieller Sprachregelung selbst die Konsequenzen und kandidiert nicht mehr für den Nationalrat, um seiner Partei nicht zu schaden, wie er sagt. Diese sieben Tage genügten, um die Beteuerungen von Heinz-Christian Strache, seine Partei wolle weder mit Antisemitismus noch mit Rassismus zu tun haben, zu relativieren.
Man erinnert sich noch an Andreas Mölzer, der 2014 eigentlich als freiheitlicher Spitzenkandidat für die EU-Wahl gesetzt war. Seine Aussagen über ein „Negerkonglomerat“, sein Vergleich der EU mit dem Dritten Reich gipfelten in einer Betrachtung über Fußballer David Alaba. Strache zog die Notbremse, sein Generalsekretär Harald Vilimsky führte nun die freiheitliche Liste an. Der Parteichef zollte Mölzer Respekt und versprach, künftig rechte Ausritte seiner Parteimitglieder im Keim zu ersticken.
Da dürfte die FPÖ im Antisemitismus-Skandal um Hübner den Keim übersehen haben. Ihr Generalsekretär Herbert Kickl versuchte, die Causa als bloße Missinterpretation und Negativkampagne des politischen Gegners darzustellen. Der in Kritik geratene Abgeordnete, von Hauptberuf Rechtsanwalt, tat die Vorwürfe als absurd und infam ab. Mit seinem Versprechen, künftig bei der Wortwahl vorsichtiger zu sein, versuchte die FPÖ, die Sache zu beenden.
Und niemand aus dieser Partei, die angeblich Rassismus und Antisemitismus abgeschworen hatte, fand etwas daran, vor welchem Publikum Hübner seinen Vortrag gehalten hatte. Es ist kein harmloser Tarockklub, sondern der amtsbekannte rechtsextreme Verein namens „Gesellschaft für freie Publizistik“, mitbegründet von ehemaligen Mitarbeitern der bösartigen Naziminister Joseph Goebbels und Alfred Rosenberg. Eine Gesellschaft als Sammelbecken von HolocaustLeugnern wie verurteilten Kriegsverbrechern. Eine Gesellschaft, die die Witwe von Hitlers Außenminister Joachim Ribbentrop ehrt, der in Nürnberg abgeurteilt und als Kriegsverbrecher hingerichtet wurde.
Wer sich mit dieser Gesellschaft gemeinmacht, legt damit ein Bekenntnis ab. Aber dies scheint die FPÖ nicht gestört zu haben. Auch Mölzer referierte schon D vor diesen Kameraden. ie Freiheitlichen erlitten bei ihrem Versuch, sich von Antisemitismus frei zu machen, mangels Einsicht einen herben Rückschlag. Strache und Parteifreunde, die sich um die Anerkennung Israels abmühen, werden auch bei künftigen Besuchen in der Knesset, dem israelischen Parlament in Jerusalem, auf einen offiziellen Empfang verzichten müssen und nur über die Hintertür bis zur Kantine kommen.
Anmerkung: Auch Mölzer versprach, seine Zunge im Zaum zu halten. Dieser Tage erging er sich wieder in Betrachtungen über das „Negerkonglomerat“.