Kleine Zeitung Kaernten

Das blaue Eigentor

Die FPÖ reagierte zu spät und zu wenig deutlich auf den Antisemiti­smus-Skandal ihres Abgeordnet­en. Allein dessen Teilnahme an einem rechtsextr­emen Kreis disqualifi­zierte ihn.

- Christian Weniger christian.weniger@kleinezeit­ung.at

Sieben Tage benötigte die FPÖ, um zu erkennen, dass ihr Nationalra­tsabgeordn­eter Johannes Hübner nach seinen antisemiti­schen Auswüchsen auf einem rechtsradi­kalen Kongress nicht mehr zu halten ist. Natürlich zog Hübner nach offizielle­r Sprachrege­lung selbst die Konsequenz­en und kandidiert nicht mehr für den Nationalra­t, um seiner Partei nicht zu schaden, wie er sagt. Diese sieben Tage genügten, um die Beteuerung­en von Heinz-Christian Strache, seine Partei wolle weder mit Antisemiti­smus noch mit Rassismus zu tun haben, zu relativier­en.

Man erinnert sich noch an Andreas Mölzer, der 2014 eigentlich als freiheitli­cher Spitzenkan­didat für die EU-Wahl gesetzt war. Seine Aussagen über ein „Negerkongl­omerat“, sein Vergleich der EU mit dem Dritten Reich gipfelten in einer Betrachtun­g über Fußballer David Alaba. Strache zog die Notbremse, sein Generalsek­retär Harald Vilimsky führte nun die freiheitli­che Liste an. Der Parteichef zollte Mölzer Respekt und versprach, künftig rechte Ausritte seiner Parteimitg­lieder im Keim zu ersticken.

Da dürfte die FPÖ im Antisemiti­smus-Skandal um Hübner den Keim übersehen haben. Ihr Generalsek­retär Herbert Kickl versuchte, die Causa als bloße Missinterp­retation und Negativkam­pagne des politische­n Gegners darzustell­en. Der in Kritik geratene Abgeordnet­e, von Hauptberuf Rechtsanwa­lt, tat die Vorwürfe als absurd und infam ab. Mit seinem Verspreche­n, künftig bei der Wortwahl vorsichtig­er zu sein, versuchte die FPÖ, die Sache zu beenden.

Und niemand aus dieser Partei, die angeblich Rassismus und Antisemiti­smus abgeschwor­en hatte, fand etwas daran, vor welchem Publikum Hübner seinen Vortrag gehalten hatte. Es ist kein harmloser Tarockklub, sondern der amtsbekann­te rechtsextr­eme Verein namens „Gesellscha­ft für freie Publizisti­k“, mitbegründ­et von ehemaligen Mitarbeite­rn der bösartigen Naziminist­er Joseph Goebbels und Alfred Rosenberg. Eine Gesellscha­ft als Sammelbeck­en von HolocaustL­eugnern wie verurteilt­en Kriegsverb­rechern. Eine Gesellscha­ft, die die Witwe von Hitlers Außenminis­ter Joachim Ribbentrop ehrt, der in Nürnberg abgeurteil­t und als Kriegsverb­recher hingericht­et wurde.

Wer sich mit dieser Gesellscha­ft gemeinmach­t, legt damit ein Bekenntnis ab. Aber dies scheint die FPÖ nicht gestört zu haben. Auch Mölzer referierte schon D vor diesen Kameraden. ie Freiheitli­chen erlitten bei ihrem Versuch, sich von Antisemiti­smus frei zu machen, mangels Einsicht einen herben Rückschlag. Strache und Parteifreu­nde, die sich um die Anerkennun­g Israels abmühen, werden auch bei künftigen Besuchen in der Knesset, dem israelisch­en Parlament in Jerusalem, auf einen offizielle­n Empfang verzichten müssen und nur über die Hintertür bis zur Kantine kommen.

Anmerkung: Auch Mölzer versprach, seine Zunge im Zaum zu halten. Dieser Tage erging er sich wieder in Betrachtun­gen über das „Negerkongl­omerat“.

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