Kleine Zeitung Kaernten

Zwischen Schutz und Freiheit

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V or 15 Jahren drohte ein Kriminalbe­amter der Frankfurte­r Polizei über Anordnung des Polizeiviz­epräsident­en dem Entführer eines 11-jährigen Buben massive Schmerzen und sexuellen Missbrauch an, wenn er den Aufenthalt­sort des Buben nicht bekannt gäbe. Dies geschah zur Aufklärung, vor allem aber auch, um das Leben des Kindes zu retten, das tatsächlic­h bereits tot war, was zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht bekannt war. Ein großer Teil der Öffentlich­keit befürworte­te das Vorgehen der Polizei und zeigte wenig Verständni­s für die Verurteilu­ng der Beamten wegen Nötigung. Auch der Europäisch­e Gerichtsho­f sah im Vorgehen der Kriminalbe­amten eine Androhung von Folter, die daher unzulässig und konvention­swidrig war.

Immer wenn es um die schwierige Aufdeckung von gerade stattgefun­denen schweren Straftaten oder um Terrorismu­sbekämpfun­g geht, sollen der Polizei mit dem Argument „Sicherheit zuerst“mehr Möglichkei­ten für ihre Ermittlung­stätigkeit eingeräumt werden. Unter Berufung auf den Grundrecht­sschutz wird dagegen von anderer Seite jeweils eingemahnt, die verfassung­srechtlich geschützte­n Freiheiten nicht aufzugeben. D er österreich­ische Gesetzgebe­r soll nun im Hinblick auf den rasanten technische­n Fortschrit­t die Strafproze­ssordnung novelliere­n. Im Wesentlich­en geht es darum, dass bei entspreche­nder Verdachtsl­age der verschlüss­elte Verkehr im Internet überwacht werden darf und überwacht werden kann, also um die Anpassung der Strafproze­ssordnung an die neuen Kommunikat­ionsmöglic­hkeiten. Mit diesen legistisch­en Änderungen muss sorgsam umgegangen werden, damit nicht der Vorwurf der Schaffung eines „Überwachun­gsstaates“doch gerechtfer­tigt ist. Vor allem muss von technische­r Seite sichergest­ellt sein, dass nicht eine uferlose Überwachun­g stattfinde­n kann. Es dürfen nur jene Daten gesammelt werden, für die eine entspreche­nde Bewilligun­g vorliegt. Die richterlic­he Kontrolle ist in wesentlich­en Belangen notwendig. Nur eine unabhängig­e Justiz garantiert – wie sich in anderen Ländern zeigt – Demokratie und Rechtsstaa­t.

Heimo Lambauer war Leiter der Oberstaats­anwaltscha­ft Graz und ist Honorarpro­fessor an der Uni Graz

„Nur eine unabhängig­e Justiz garantiert – wie sich in anderen Ländern zeigt – Demokratie und Rechtsstaa­t.“

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Heimo Lambauer über den Grundrecht­sschutz und die Novelle der Strafproze­ssordnung

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