Abgasdebatte: Sind Fahrverbote sinnvoll?
Ein Aus für Verbrennungsmotoren ist nicht nur richtig und wichtig für die Umwelt, es bietet auch die Chance, sich unabhängig von Erdöl zu machen. Klimafreundliche Mobilität kann viele neue Jobs schaffen.
Nach Frankreich plant nun Großbritannien den Ausstieg aus Diesel und Benzin. Bis spätestens 2040 sollen keine Neuwagen mehr mit Diesel- oder Benzinmotor verkauft werden. Und das ist gut so.
Denn das Verbrennen von Diesel und von Benzin führt zu massiven Gesundheitsschäden. Spätestens seit dem Auffliegen des Dieselskandals ist bekannt, dass selbst die neuen Autos beim Fahren auf der Straße große Mengen an schädlichen Schadstoffen ausstoßen. Messungen des deutschen Umweltbundesamts zeigten, dass die neuen Diesel-Pkw auf der Straße im Schnitt sechsmal so viele schädlichen Stickoxide ausstoßen, wie der Grenzwert für den Abgastest vorschreibt. Und Benzin-Pkw mit Direkteinspritzung sind Rußpartikelschleudern. Mediziner warnen seit Langem vor den Folgen der Autoabgase: Lungenschäden, Atemwegs-und Herz-KreislaufErkrankungen. Kinder sind besonders gefährdet.
Zusätzlich verstärkt das Verbrennen von Diesel und Benzin den Klimawandel. Der Klimawandel führt zur Zunahme extremer Wetterereignisse, wie Unwetter, Überschwemmungen und Hitzeperioden. Um unsere Kinder und Enkelkinder vor zukünftigen Naturkatastrophen zu schützen, wurde beim Klimaabkommen von Paris der weltweite Ausstieg aus Erdöl, Kohle & Co. bis zum Jahr 2050 beschlossen. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn schon davor keine neuen Diesel- und Benzin-Pkw mehr verkauft werden. Realistisch ist, dass bereits im Jahr 2030 keine neuen Benziner und Diesel-Pkw mehr verkauft werden. Österreich sollte rasch einen Ausstiegsplan beschließen, so wie das einige Bundesländer bereits für Ölheizungen gemacht haben.
Der Zusatzvorteil für Österreich: Erdöl wird teuer aus dem Ausland importiert, in Summe fließen mehrere Milliarden Euro pro Jahr in großteils fragwürdige Regimes wie zum Beispiel Saudi-Arabien. Den Strom für die E-Mobilität können wir in Österreich selber und sauber herstellen.
Eine Lehre aus dem Dieselskandal ist: Versprechen der Hersteller sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Es braucht klare gesetzliche Vorgaben und strenge Kontrollen, damit diese eingehalten werden. Für das Exportland Österreich ist die Energiewende im Verkehr eine große Chance. Wenn Österreich Europas Kompetenzzentrum für klimafreundliche Mobilität wird, dann werden Arbeitsplätze gesichert und viele neue Jobs geschaffen. Nutzen wir diese Chance und stellen wir rasch die Weichen für ein Verkehrssystem, das auch für unsere Kinder und Enkelkinder Zukunft hat.
Großbritannien und Frankreich wollen den Verkauf von Diesel- und Benzinautos ab 2040 gänzlich stoppen. In einigen deutschen Städten droht ein Dieselfahrverbot. Ist das die einzige Lösung?
Ja Nein
Generelle Fahrverbote werden keine Probleme lösen, sondern neue schaffen. Betroffen wären vor allem Geringverdiener, die auf ihr Auto angewiesen sind. Und: Der Umwelt wäre mit anderen Maßnahmen auch geholfen.
Aktuell sind zwei verschiedene Themen in der Diskussion: Einerseits soll 2040 in Großbritannien ein generelles Verkaufsverbot von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotoren kommen. Andererseits steht ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in deutschen Städten ab 2018 im Raum. Dabei handelt es sich um zwei Ansätze mit völlig unterschiedlichen Konsequenzen für die Autofahrer.
Das in Großbritannien angedachte Verkaufsverbot wird nach momentanem Stand der Dinge alle Neufahrzeuge mit Diesel- oder Benzinmotoren betreffen. Das ist zwar ein gravierender Einschnitt, der jedoch nur Neuzulassungen, nicht aber den Gebrauchtwagenmarkt betrifft. Man wird also auch 2040 in Großbritannien noch Gebrauchte mit Verbrennungsmotor kaufen können. Und man wird auch 2040 weiterhin Diesel- und Benzinfahrzeuge auf den britischen Straßen sehen, denn ein Fahrverbot ist aktuell nicht angedacht. Im Übrigen ist anzunehmen, dass die Elektromobilität bis 2040 einen großen Schritt weitergekommen sein wird, was Anschaffungspreise, LadeInfrastruktur und Reichweiten betrifft.
Die Fahrverbote, die bereits 2018 in deutschen Städten gelten sollen, betreffen hingegen ausschließlich Dieselfahrzeuge. Das würde aber, je nachdem, ab welcher Euro-Abgasklasse die Verbote gelten würden, Millionen von Autos des aktuellen Bestandes betreffen. Die Konsequenz wäre, dass alle, die sich kein neues Auto leisten können, ausgesperrt werden. Und das praktisch von heute auf morgen. Denn eine Neuanschaffung wird ja häufig durch den Verkauf des alten Autos mitfinanziert – die Fahrverbote entwerten die betroffenen Fahrzeuge jedoch schlagartig, sodass ein sieben oder acht Jahre altes Auto kaum noch zu einem vernünftigen Preis zu verkaufen wäre.
Ein solches Fahrverbot war in Form einer Umweltzone auch für Graz angedacht, wurde 2012 in einer Bürgerbefragung jedoch klar abgelehnt. Aus Sicht des ÖAMTC gäbe es andere gute Lösungen, um die gewünschten positiven Umwelteffekte zu erreichen. So wären beispielsweise eine optimierte grüne Welle geeignet, um den Feinstaub um bis zu einem Viertel und die NOx-Emissionen um bis zu 40 Prozent zu reduzieren. In Deutschland wird aktuell außerdem eine Nachrüstung von Dieselfahrzeugen der Abgasnorm Euro 5 angedacht. Dadurch könnte eine Reduktion der Stickoxide um bis zu 50 Prozent je Fahrzeug erreicht werden. Wie das genau umgesetzt werden kann, ist derzeit Gegenstand der Debatte.