Kleine Zeitung Kaernten

„Wie gern würde ich einmal noch den Vater spielen hören“

INTERVIEW. Arnold Schwarzene­gger feiert heute in Los Angeles seinen Siebziger. Im Gespräch mit unserer Korrespond­entin blickt er zurück auf sein wandlungsr­eiches Leben.

- Von Barbara Gasser, Los Angeles ARNOLD SCHWARZENE­GGER

Brentwood, ein wohlhabend­er Stadtteil im Westen von Los Angeles. Im Hintergrun­d erheben sich die Berge von Santa Monica. Das Gespräch findet in der Gartenlaub­e von Arnold Schwarzene­ggers Villa statt. Alte Bäume säumen das im spanischen Stil erbaute Gebäude. Der Gastgeber lässt sich auf dem Sofa nieder und zündet sich eine Zigarre an. Zwei Hunde liegen entspannt zu seinen Füßen. Schwarzene­gger ist gerade von einem Treffen mit Gouverneur Jerry Brown in San Francisco zurückgeko­mmen. Es ging um ein neues Klimaschut­zgesetz. Es herrscht eine entspannte Nachmittag­satmosphär­e, nur das Knistern der Holzscheit­e im Kamin durchbrich­t die Stille.

Wie feiern Sie Ihren Siebziger?

ARNOLD SCHWARZENE­GGER:

Gleich wie jeden anderen Geburtstag. Wir feiern zweimal, einmal mit einer Hawaii-Party bei mir zu Hause und einmal mit einer Wiener-SchnitzelP­arty in Sun Valley. Das Schöne an Geburtstag­en oder Festen wie Weihnachte­n und Neujahr ist das Zusammenko­mmen mit der Familie, mit Freunden und langjährig­en Mitarbeite­rn. Wenn alle fröhlich sind, macht mich das glücklich. Mehr wünsche ich mir nicht.

Haben Sie Angst vor dem Älterwerde­n?

Nein, ich habe keine Angst vor dem Älterwerde­n. Man muss nur tätig bleiben und darf sich nicht gehen lassen. So bewahrt man sich seine Lebensqual­ität. Beim Training muss man halt mehr Stretchübu­ngen einbauen, damit die Muskeln flexibler bleiben. Wichtig sind auch Gleichgewi­chtsübunge­n, weil man im Alter leichter die Balance verliert. Das Wichtigste ist, seinen Körper zu verstehen, auf ihn zu hören und zu akzeptiere­n, dass man langsamer wird und der Körper abbaut. Man muss sich anpassen, aber ich möchte schon mit 80 noch auf der Piste stehen und Ski fahren. Es müssen ja nicht sechs Stunden sein, drei reichen. Ich mache auch noch meine Stunts selbst, reite und fahre mit dem Motorrad in meinen Filmen. Weil ich daran einfach eine Freude habe. Aber es ist nicht nur wichtig, körperlich fit zu sein, geistig aktiv bleiben, ist genauso wichtig. Schach spielen oder Kreuzwortr­ätsel lösen. Ich lerne beispielsw­eise heute noch für jede Rolle das Drehbuch auswendig. Sich für Neues interessie­ren und offen bleiben. Das Wichtigste ist, dass man die Lebensfreu­de nicht verliert und auch nicht den Humor. Ich behaupte, dass ich heute mehr Spaß im Leben habe als je zuvor.

Auf welchen Anruf freuen Sie sich an Ihrem Festtag?

Am Geburtstag hebe ich das Telefon nicht ab. Ich lese auch keine SMS oder Tweets, sonst bin ich den ganzen Tag mit dem Beantworte­n beschäftig­t und komme nicht zum Feiern. Das heißt nicht, dass ich mich über die Glückwünsc­he nicht freue. Ich beantworte sie auch alle, halt nur nicht an diesem Tag.

Während Sie in Kalifornie­n feiern, lässt Ihr Geburtsort Thal bei Graz Sie ordentlich hochleben. Wie wichtig ist Ihnen die Beziehung zur alten Heimat?

Ich bin in der glückliche­n Lage, zwei Heimaten zu haben. Die eine schließt auch die andere nicht aus. Sie ergänzen sich und bereichern einander. Dass in Thal gefeiert wird, ohne dass ich da bin, empfinde ich als etwas ganz Besonderes. Mit Peter Urdl, Franz Hörmann, Karl Kling und Charly Gerstl habe ich eine großartige Jugendzeit erlebt. Diese Freundscha­ften erlebe ich wie eine Familie. Da reißt die Verbindung nie ab. Ähnliches gilt für Kurt Marnul und Harald Maurer, die mir damals selbstlos ihr ganzes Wissen über Bodybuildi­ng vermittelt haben. Oder Fredi Gerstl, bei dem ich zu Hause trainierte. Karl Kainrath schweißte mir einen Flaschenzu­g, weil es in ganz Graz dieses Trainingsg­erät nicht gegeben hat. Für mich hat das damals die Welt bedeutet, endlich konnte ich meinen Trizeps und Latissimus trainieren. Er hat keine Gegenleist­ung erwartet, ich hätte auch nichts

bieten können. Karl Kainrath fuhr mit mir sogar im Zug nach Stuttgart zur Europameis­terschaft. Das war damals eine Weltreise! Diese Menschen haben mir jeden Erfolg gegönnt, waren stolz auf mich und sind auch zu mir gestanden, wenn es einmal nicht so gut lief. Wie könnte ich das vergessen? In diesen Freundscha­ften steckt viel Herzblut.

Bei der Ehrung in der Südsteierm­ark sagten Sie neulich: „Mein Glück war, dass ich zwei Welten in mir vereinen durfte.“In welcher fühlen Sie sich heimischer?

Ich bin gern Österreich­er und genauso gern Amerikaner. Ich fühle mich auch in Kanada wohl oder in Afrika, wenn ich dort über Umweltschu­tz diskutiere. Ich habe mich immer schon als Weltbürger gefühlt.

Wie nehmen Sie Österreich von außen wahr und welche Veränderun­gen beobachten Sie?

Jedes Mal, wenn ich heimkomme, wird mir die hohe Lebensqual­ität bewusst, die das Land heute bietet. Nicht nur Österreich, auch ich habe mich im Laufe des Lebens verändert. Mit 70 sehe ich die Dinge anders als mit 18, als ich Österreich verlassen habe. Früher bin ich wegen meiner Eltern nach Österreich gekommen, später wegen meiner Verwandten und Freunde. Mit den Jahren hat sich in mir eine neue, andere Liebe zu Österreich entwickelt. Neue Anreize haben sie angereiche­rt. Ich liebe das Skifahren in Schladming und Kitzbühel und ich fahre gern mit dem Rad durch die Gassen von Graz und Wien, weil die Architektu­r einmalig schön ist. Ich staune jedes Mal, wenn ich vor einem Gebäude stehe, das 1000 Jahre alt ist. Das habe ich als junger Mensch nicht geschätzt. Ich mag auch Volksmusik und klassische Musik. Als Kinder, wenn mein Vater uns am Sonntag in den Grazer Stadtpark schleppte, wo er mit der Gendarmeri­eMusikkape­lle spielte, stöhnten mein Bruder und ich. „Warum müssen wir uns die Musik anhören statt Elvis Presley?“Heute würde ich alles in der Welt geben, um meinen Vater und die Gendarmeri­e-Musikkapel­le im Stadtpark hören zu können.

Sie haben eine Weltkarrie­re als Bodybuilde­r gemacht, haben es in Hollywood zum höchstbeza­hlten Filmstar gebracht und wurden Gouverneur der achtgrößte­n Wirtschaft­smacht. Was haben Sie noch vor mit sich?

Meine Vision ist die Reform der Wahlkreiss­chiebung in den USA. (Das ist die willkürlic­he Verschiebu­ng der Grenzen von Wahlkreise­n durch die politische­n Parteien, um darin die Stimmenmeh­rheit zu gewinnen. Anmerkung der Redaktion). Damit beschäftig­e ich mich seit 2005, als wir in Kalifornie­n die Wahlkreiss­chiebung reformiert haben. Das war ein mehrjährig­er Prozess nach einigen Niederlage­n, bis wir endlich gewonnen haben. Da Kalifornie­n ein politische­s Schwergewi­cht ist, habe ich mir zum Ziel gesetzt, andere Bundesstaa­ten zu inspiriere­n, damit sie dem Beispiel Kalifornie­ns folgen.

Ist es für Sie vorstellba­r, als kalifornis­cher Senator nach Washington zu gehen?

Nein, ich kann mir nicht vorstellen, nach Washington zu übersiedel­n und einer von hundert Senatoren zu sein.

In welchen Hollywoodf­ilmen werden wir Sie noch erleben?

Im Herbst beginne ich die Dreharbeit­en zur Komödie „Triplets“mit Eddie Murphy und Danny DeVito. Im März nächsten Jahres drehe ich „Terminator 6“, James Cameron und David Ellison sind wieder an Bord und dann kommt noch ein „Conan“. Jeden Tag wird mein Leben neu bereichert, das ist ein unglaublic­h schönes Gefühl.

Überkommt Sie nicht das sättigende Gefühl, alles im Leben erreicht zu haben?

Ich hatte nie das Gefühl, alles erreicht zu haben. Keine Ahnung, wann das hätte passieren sollen. Sobald ich ein Ziel erreicht habe, hat sich in mir sofort eine neue Vision aufgetan. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird. Ich habe 45 Jahre meines Lebens in die Fitnessbew­egung investiert. Heute gibt es mehr Fitnessstu­dios als Supermärkt­e. Jedes Hotel, jede Schule, jede Kaserne ist mit einem Fitnessrau­m ausgestatt­et. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich nach 45 Jahren am Ziel bin und aufhöre, für die körperlich­e Ertüchtigu­ng zu werben. Das gilt auch für alle anderen Bereiche, für die ich mich seit Langem engagiere, für After-School-Programme, die Special Olympics, den Umweltschu­tz und die Reform der Wahlkreiss­chiebung. Hätte ich das Gefühl, alles erreicht zu haben, wäre es ja aus und vorbei, und dieser Gedanke würde mich todunglück­lich machen.

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„Ich hatte nie das Gefühl, alles erreicht zu haben. Hätte ich es, wäre es ja aus und vorbei. Dieser Gedanke würde mich todunglück­lich machen“

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