Showdown in Venezuela
Der sozialistische Präsident Maduro will heute mit verfassunggebender Versammlung die Alleinherrschaft an sich reißen. Es droht der Bürgerkrieg.
Das kolumbianische Polit-Magazin „Semana“widmet seine aktuelle Ausgabe dem Wahnsinn im Nachbarland Venezuela. Das Titelbild ist eine Fotomontage, die Präsident Nicolás Maduro mit einem Gewehr mit Mündungsfeuer und schusssicherer Weste hinter einer Barrikade zeigt: „Atrincherado“steht darunter geschrieben, „verschanzt“.
Das Bild trifft gut die Situation im südamerikanischen Chaosstaat Venezuela, in dem seit Jahren der Ausnahmezustand Normalität ist. Nach 118 Tagen verschärfter Proteste mit 113 Toten spielt der zum Präsidenten konvertierte Busfahrer Maduro heute seine letzte Karte aus: die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, die ein neues sozialistisches Grundgesetz für das urkapitalistische Ölland ausarbeiten soll.
Für Maduro und seine autoritäre linksnationalistische Regierung heißt es: durchstehen oder untergehen. Wenn sich der 54-Jährige mit seiner „Asamblea Nacional Constituyente“(ANC) durchsetzt, würde sich der umstrittene und unbeliebte Staatschef seiner Gegner endgültig entledigen. Diosdado Cabello, Vize-Präsident der Regierungspartei PSUV und neben Maduro der zweite Hardliner, lässt keinen Zweifel aufkommen: „Die Constituyente wird das Parlament abschaffen, die
Immunität ihrer Mitglieder aufheben, die Generalstaatsanwaltschaft auf den Kopf stellen und die Regierungsinstitutionen hinter Maduro versammeln.“Mit anderen Worten: Die Republik wird abgeschafft und eine Einparteienregierung mit abhängigen Gewalten zementiert. Venezuela wäre dann das, was die bürgerliche Opposition schon vor Jahren befürchtet hat: eine Kopie Kubas.
Die Opposition, die sich in dem zerstrittenen Bündnis MUD sammelt, hat sich vorgenommen, das unter allen Umständen zu verhindern. Ein Generalstreik am Mittwoch und Donnerstag blieb ohne Wir- Am Freitag sollte ein landweiter Protestmarsch den Druck auf Maduro erhöhen. Aber die Regierung ließ alle Proteste verbieten. Der Showdown ist programmiert. Der unter Hausarrest stehende Oppositionsführer Leopoldo López hat die Venezolaner dazu aufgerufen, in den friedlichen Protesten nicht nachzulassen.
Auch die USA drohen mit „harten und raschen“Sanktionen, für den Fall, dass Maduro die Versammlung wählen lässt. Washington verhängte Strafmaßnahmen gegen 13 Funktionäre der Regierung, des Militärs und des Erdölkonzerns PDVSA. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kritisierte, die verfassunggebende Versammlung berge die Gefahr, das Land noch mehr zu polarisieren. Aber mit der ihm eigenen Halsstarrigkeit antwortet Maduro auf alle Forderungen nur: „Ich kann nichts machen. Diese Initiative ist jetzt in der Hand des Volkes.“
Dieses ist aber in seiner Mehrheit gegen die ANC. Nach einer Umfrage lehnen 66,5 Prozent der Venezolaner die Pläne der Regierung ab. Vor knapp zwei Wochen haben angeblich 7,2 Millionen Venezolaner, also rund ein Drittel aller Wahlberechtigten, in einem symbolischen Referendum gegen Madukung. ro und seine Pläne gestimmt. Diese Unzufriedenheit macht sich die Opposition zunutze. Sie hat eine „Regierung der Nationalen Einheit“einberufen, hat durch das oppositionelle Parlament eigene Richter für das Oberste Gericht benannt, von denen drei von der Regierung festgenommen wurden. Auch das ist mit demokratischen Regeln nur bedingt vereinbar. „In Venezuela gibt es mittlerweile zwei parallele Staaten, und keiner respektiert die andere Seite“, sagt Phil Gunson vom Thinktank International Crisis Group. Es drohten „Bürgerkrieg, Regierungskollaps“und sogar die Zahlungsunfähigkeit.