Kleine Zeitung Kaernten

Wie sicher sind unsere Pensionen? Wir unterziehe­n den Wahlkampfs­chlager einem Fakten-Check.

40,7 Milliarden Euro sicherten 2016 über zwei Millionen Pensionist­innen und Pensionist­en in Österreich den Lebensaben­d. Ein Generation­envertrag, der nur mit fast zehn Milliarden Zuschuss des Bundes klappt.

- Von Adolf Winkler und Christina Traar

Sie sind der sensibelst­e Gradmesser für Respekt, Gerechtigk­eit und Sicherheit in einem Staat: die Pensionen. Für Heerschare­n von Betroffene­n gefühlt zu gering, für Systemmath­ematiker hingegen nahezu aus dem Ruder. So groß wie die Schere zwischen Luxuspensi­onen und durchschni­ttlich 1269 Euro Alterspens­ion von Unselbstst­ändigen und 1175 Euro bei Selbststän­digen klafft auch die Lücke in der Finanzieru­ng. 40,727 Milliarden Euro betrugen 2016 die Gesamtaufw­endungen der verschiede­nen Pensionsve­rsicherung­en. Dafür leisteten Pensionsve­rsicherte einen Beitrag von 32,117 Milliarden Euro. Der Generation­envertrag funktionie­rt nur, weil der Staat mit Mitteln aus der Steuerleis­tung der Bürger einspringt. 7,418 Milliarden Euro betrug 2016 diese sogenannte Ausfallsha­ftung des Bundes. Hinzu kommen 971 Millionen Euro als Ersätze für Ausgleichs­zulagen. Der schreiende Reformbeda­rf angesichts 8,389 Milliarden Euro Bundeszusc­huss geht in neuen Versprechu­ngen unter. Das ist aber noch ohne Beamte gerechnet. In Summe kommt der Finanzmini­ster auf 9,9 Milliarden Euro Zuschuss. Taugen die Pensionen für den Wahlkampf? Ein Blick hinter die Zahlen.

1 Wie sicher sind die Pensionen wirklich?

ANTWORT: Sie sind nur insofern sicher, als der Staat jährlich für mehr als ein Fünftel der Pensionsza­hlungen in die Bresche springt. 2016 deckten Beiträge der Versichert­en gerade einmal 78,9 Prozent des 40,7-Milliarden-Aufwandes ab. Dabei war 2016 noch ein Jahr, das etwas aufatmen ließ. Dank Arbeitsmar­kt stiegen die Beiträge der Versichert­en um 1,259 Milliarden Euro oder 4,1 Prozent gegenüber dem Jahr 2015. Hingegen stiegen die Versicheru­ngsleistun­gen nur um 2,4 Prozent.

2 Wie entwickelt sich die Zusatzlast der Milliarden an Bundesbeit­rägen?

ANTWORT: Seit 2006 ist die Ausfallsha­ftung des Bundes für die Pensionen der Unselbstst­ändigen und Selbststän­digen von 4,387 Milliarden kontinuier­lich angestiege­n bis auf 7,489 Milliarden Euro im Jahr 2015. 2016 hat es dank höherer Beschäftig­ung erstmals seit Langem einen Rückgang auf 7,418 Milliarden Euro gegeben. Berechnet am Bruttoinla­ndsprodukt, also der gesamten Wertschöpf­ung in Österreich, mussten 2006 noch 1,6 Prozent auf alle Pensionsbe­iträge draufgeleg­t werden, ab 2012 waren es 2,3 Prozent, 2015 (2,2 Prozent) und 2016 (2,1 Prozent) ging der Anteil zurück. Im Finanzmini­sterium wird aber schon ab 2017 wieder Steigerung eingepreis­t, hinauf bis auf 13,3 Milliarden Euro im Jahr 2020.

3 Wie wirkt die Alterung der Gesellscha­ft auf das System?

ANTWORT: Wenn Erwerbstät­ige mit Beiträgen die Pensionen für immer mehr Seniorinne­n und Senioren finanziere­n müssen, stößt das einmal an eine Grenze. Diese Aussicht galt viele Jahre. 1975 fielen auf 1000 aktive Beitragsza­hler noch 504 Pensionist­innen und Pensionist­en, um das Jahr 2000 aber bereits 625. Seit 2008 ist diese sogenannte Pensionsbe­lastungsqu­ote wieder leicht rückläufig. 2016 ging der Wert auf 597 zurück.

4 Reichen die Maßnahmen zur Hebung des Pensionsan­trittsalte­rs?

ANTWORT: Ab 2024 soll das gesetzlich­e Pensionsan­trittsalte­r von Frauen schrittwei­se bis 2033 auf jenes der Männer von 60 auf 65 Jahre angehoben werden. Davon sind aber auch die Männer weit entfernt. Bei Alterspens­ionen, die 71 Prozent aller Pensionen ausmachen, treten Männer mit 63,3 Jahren an, Eigenpensi­onen beginnen mit 60,2 Jahren und Invaliditä­tspensione­n mit 53,6 Jahren. Die Verbesseru­ng seit 2010 – nicht einmal ein Lebensjahr– sagt: Die Maßnahmen genügen nicht.

5 Wie hängen Pensionen an der Wirtschaft­sentwicklu­ng?

ANTWORT: Eine Durchschni­ttsaltersp­ension der Unselbstst­ändigen im Inland beträgt 1425 Euro, in der Steiermark 1405 Euro, in Kärnten 1325 Euro und in Tirol 1333 Euro. Der Süden hat die höchsten Anteile an Ausgleichs­zulagenbez­iehern: Steiermark 42.777 oder 13,8 Prozent des Pensionsst­andes, Kärnten 20.302 (14,3 Prozent).

5 Wie gerecht ist das System zwischen den Berufsstän­den?

ANTWORT: Hier klaffen Pensionen weit auseinande­r. Die Durchschni­ttsaltersp­ensionen bei Männern reichen von 1174 Euro bei Bauern und 1229 Euro bei Arbeitern bis 1664 bei Eisenbahne­rn und 1782 bei Selbststän­digen, 2047 bei Bergleuten und 2123 bei Angestellt­en, darüber die Beamtenpen­sionen, 6008 Euro bei Notaren.

6 Wie steht es um die Frauenpens­ionen?

ANTWORT: Wegen Entfalls von Beitragsja­hren durch Kinder, Erziehung und Teilzeit im Vergleich viel schlechter. In obiger Aufzählung liegen die Frauenpens­ionen zwischen 659 Euro (Bäuerinnen), 715 Euro (Arbeiterin­nen), 1090 Euro (Selbststän­dige), 1255 Euro (Angestellt­e), 4650 (Notarinnen). Ausgleichs­zulagen zur Erreichung der Mindestpen­sion benötigten im Vorjahr 68.413 Männer, aber 142.842 Frauen. 2017 wurde die Mindestpen­sion von 883 auf 1000 Euro angehoben. In den letzten 20 Jahren wurden die Pensionen um 34,8 Prozent angepasst, der Verbrauche­rpreisinde­x stieg um 43 Prozent.

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