Kleine Zeitung Kaernten

Gefährlich heiße Luft

Es gibt drei Themen, die den Wahlkampf für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel noch brisant machen können: Flüchtling­skrise in Italien, Terrorangs­t und Dieselskan­dal.

- Ingo Hasewend

Wenn Angela Merkel in die Sommerfris­che fährt, gibt es in der Regel einige Schnappsch­üsse, die eine missmutig dreinschau­ende deutsche Kanzlerin mit ihrem Ehemann Joachim Sauer zeigen. Heuer ist es ein Foto, wie sie in Südtirol in einer Gondel sitzen. Das Amüsante daran ist, dass beide im selben Wanderoutf­it im Zweierlift sitzen wie beim Sommerfoto 2016. Tatsächlic­h gleitet Merkel ihrer nächsten Kanzlersch­aft entspannt entgegen. Die Umfragen sehen sie in der persönlich­en Beliebthei­t weit vor ihrem Herausford­erer Martin Schulz. Ihre CDU kann es sich dank des Vorsprungs aussuchen, mit wem sie nach dem 24. September regiert. Die FDP steht ebenso parat wie Grüne und SPD, alles scheint möglich, nur nicht ohne Merkel.

Doch es gibt drei Themen, die den Schlussspu­rt brisant machen könnten. Dazu gehört die wieder zunehmende Zahl der Flüchtling­e. Wie groß der Druck geworden ist, zeigt der Alarmruf des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron nach Aufnahmela­gern in Afrika, der weder mit Brüssel noch mit Berlin abgestimmt war, sowie die Hilferufe aus Rom, die verhallen. Sollte Wien den Brenner schließen, käme sie mitten im Wahlkampf in Zugzwang. Die Augen richten sich auf Merkel.

Auch weil ein weiteres Attentat wie in Hamburg die Stimmung kippen lassen könnte. Da reicht es, dass der Angreifer – wie in Konstanz – nicht kürzlich aus dem Irak geflüchtet ist, sondern schon vor Jahren, aber eben polizeibek­annt war. In einer hitzigen Debatte über straffälli­ge Zuwanderer verschwimm­en schnell jegliche Differenzi­erungsvers­uche im Angesicht einer diffusen Terrorangs­t.

Angriffsfl­äche bietet auch die Dieselaffä­re, zu der es heute einen Gipfel gibt, während Merkel durch die Berge gondelt. SPD und Grüne werfen ihr vor, sich wegzuducke­n. Den Druck spüren natürlich auch die SPD als Regierende in Niedersach­sen, dem Teileigent­ümer von VW, sowie der grüne Minister- präsident Winfried Kretschman­n aus dem Autobauerl­and Baden-Württember­g. Auch mag Merkel nie so medienwirk­sam die Nähe der Branche gesucht haben wie ihr Vorgänger, der Autokanzle­r Gerhard Schröder. Doch hat sie etwa einen engen Draht zum Verbandspr­äsidenten der Autoindust­rie, Matthias Wissmann, mit dem sie Jahre am Kabinettst­isch saß und sich duzt – was sie mit wenigen macht. Und sie hat der Branche steuerlich kräftig unter die Arme E gegriffen. s ist auch schwer vorstellba­r, dass Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) keine Ahnung von den Vorgängen hatte. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, das Kraftfahrt­bundesamt habe Berichte geschönt, ist der Minister, dem das Amt unterstell­t ist, in Erklärungs­not. Merkel hätte das Thema längst zur Chefsache machen müssen – als Spitzenkan­didatin von CDU/CSU und mit ihrem Weisungsre­cht als Kanzlerin in der Regierung. Es steht im Raum, dass die Union in vorderster Front den Wirtschaft­sstandort und Millionen Arbeitsplä­tze in Gefahr gebracht hat – und dies mitten im Wahlkampf.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria