Kleine Zeitung Kaernten

Eine aktuelle Studie zeigt: Es gibt immer mehr Österreich­er, die keiner Religion angehören. Ihre Zahl ist seit 2001 am stärksten gestiegen. „Wohlstands-Christentu­m bietet zu viel Wellness“

- Von Alice Samec

Das Telefon der Demografin Anne Goujon klingelte minütlich. Anlass: die neue Studie ihres Teams vom Vienna Institute of Demography (Akademie der Wissenscha­ften), die gestern veröffentl­icht wurde. Die Studie „Demographi­e und Religion“zeigt: Den stärksten Zuwachs verzeichne­ten die Konfession­slosen. Ihr Anteil stieg von 12 Prozent im Jahr 2001 auf 17 Prozent. Und er wird wei- ter steigen. Die Studie skizziert vier Szenarien bis 2046 (siehe Käst- chen). Alle Modelle prognosti- zieren einen Anstieg der Kon- fessionslo­sen und der Muslime – je nach Zuwanderun­gsart. ein weiterer Rückgang des Katholiken­anteils ist laut allen Szenarien zu erwarten.

Derzeit leben rund 700.000 Muslime in Österreich. Seit der letzten Volkszählu­ng 2001 hat sich ihr Anteil auf acht Prozent verdoppelt. Geburten spielen eine schwindend­e Rolle: Bekam eine eingewande­rte Frau noch 2,8 Kinder, gebären hier geborene nur noch 2,3 Kinder. Goujon: „Die Zahl der Kinder sinkt mit steigender Bildung.“

Stärkste Religionsg­emeinschaf­t bleiben mit 64 Prozent die Katholiken (2001: 75 Prozent). Die Zahl der Orthodoxen stieg von zwei auf fünf Prozent, die Protestant­en stagnieren bei fünf Prozent (302.000).

Für den Religionss­oziologen

Paul Zulehner hält sich der Überraschu­ngseffekt in GrenAuch zen. „Schon die letzte Langzeitst­udie über Religion im Leben der Österreich­er zeigte, dass aus einem weltanscha­ulich einheitlic­hen Rasen mit großteils Katholiken eine bunte Blumenwies­e wurde mit gläubigen Katholiken, Skeptikern, Hindus, Moslems, Orthodoxen, Protestant­en. Das ist der Normalfall, europaweit.“

Die Schwäche des Christentu­ms liege in der Glaubwürdi­gkeit: „Wir sind spirituell schwach, viele Katholiken engagieren sich sozial zu wenig.“Es gebe eine Schwäche „unseres Wohlstands-Christentu­ms: Es bietet viel zu viel Wellness.“

Goujon betont, dass die Studie keineswegs alarmieren wollte: „Wir wollen nur zeigen, dass man sich vorbereite­n muss, vor allem in den Bereichen Schule, Bildung, Integratio­n. Es gibt kein Zurück in die 70er-Jahre des guten alten Österreich­s. Das ist vorbei.“ Den Leitartike­l zum Bericht finden Sie auf Seite 11

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KANIZAJ Religionss­oziologe Paul Zulehner
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KK Die Leiterin der Studie: Anne Goujon

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