Er öffnete die Wege zu künstlerischem Neuland
Pionier, Vorkämpfer, Visionär, all das war Peter Oswald in Personalunion. Völlig unerwartet starb er im Alter von 63 Jahren.
S tunden-, nein, nächtelang konnte man mit ihm über Gegenwartskünstler oder deren Produktionen, quer durch alle Sparten, diskutieren, unterschiedlicher Meinung sein oder gar streiten – am Ende aber stand stets ein versöhnlicher, liebenswerter Ton.
Was immer Peter Oswald initiierte, er tat es mit enormer Leidenschaft, Überzeugungskraft und dem ständigen Bestreben, künstlerisches Neuland zu betreten. Dies belegte der Pionier und Visionär nicht nur in seiner Zeit als Intendant des „steirischen herbstes“, den er von 2000 bis 2005 leitete, stets dem Experimentellen verschrieben, sei es in der Musik, im Theater oder in der bildenden Kunst. Er war daheim in allen kreativen Welten.
Grenzen wollte er permanent und wagnisreich ausloten und überschreiten. Da passt es auch ins Bild, das nun einen Trauerrand trägt, dass der gebürtige Vorarlberger in Graz seine Wahlheimat fand. Er sorgte als Leiter der Musikabteilung des ORF-Landesstudios Steiermark ab 1988 für neue Töne, damals auch als Chef des „musikprotokolls“.
glaubte stets an die Kunst des Machbaren, des Ermöglichens. Und er setzte diese mit viel Feinsinn und Entdeckerfreude verbundene Gabe vor allem im „steirischen herbst“eindrucksvoll in die Tat um. Beat Furrers „Begehren“wurde 2003 von internationalen Kritikern zur wichtigsten musikalischen Uraufführung des Jahres gekürt, Olga Neuwirth präsentierte „Lost Highway“, Bernhard Lang sein „Theater der Wiederholungen“.
Händl Klaus und Kathrin Röggla waren in Oswalds Intendantenära mit kühnen Bühnenwerken präsent, „Latente Utopien“bescherte dem Festival eine kühne Großausstellung. Wobei ein weiterer, ganz markanter Wesenszug von Peter Oswald eine bedeutsame Rolle spielte: Er war auch ein rhetori- scher „Überzeugungstäter“im positivsten Sinn des Wortes, er baute Hemmschwellen ab, er holte völlig neue Publikumsschichten zum Festival. „Mein Ehrgeiz war es immer, dass die Säle rauschen, weil sie so überfüllt sind“, lautete sein Credo.
schrieb Peter Oswald einige bedeutsame Kapitel der Gegenwartskunst. Auch mit dem „Klangforum“, das längst zu den WeltklasseEnsembles zählt, oder mit dem eigenen Musiklabel Kairos. Rätselhaft blieb, selbst für enge Freunde, woher Peter Oswald, ausgestattet mit einem 25-Stunden-Tag, immer wieder all die ihm gegebene Energie nahm. Er lebte für und in der Kunst, unentwegt, pausenlos. Bei der 50. Ausgabe des „steirischen herbstes“hätte Peter Oswald als Jubiläumsgast mit dabei sein sollen. Der leere Platz steht für enorme künstlerische Fülle.