Spaniens Hotellerie ertrinkt in einer Flut fingierter Schadensmeldungen. Briten wollen mit Klagen ihren Urlaub finanzieren.
Das britische Konsumentengesetz macht Betrug in großem Stil möglich. Denn es erlaubt Beschwerden auch noch drei Jahre nach dem Auslandsaufenthalt – und es verlangt keinerlei Beweise oder gar eine ärztliche Bestätigung.
So ist aus den Entschädigungen um verlorene Urlaubsfreuden ein beinhartes Geschäft geworden, das sogar eigene Firmen auf den Plan gerufen hat. Vor allem Spaniens Hotellerie – in dem Land urlauben jährlich rund 16 Millionen Briten – ertrinkt in einer Flut von Schadensersatzforderungen.
„In der Vorsaison waren es rund 600 Klagen – heuer sind es bereits mehr als 10.000“, beschwert sich Ramón Estalella, Präsident der spanischen Hotellerievereinigung Cehat. „Mehr als 90 Prozent der Beschwerden sind fingiert!“Praktisch alle Kläger sind laut Estalella Briten: „Ich bin mir aber sicher, gäbe es dieses Gesetz in Deutschland, Spanien oder Frankreich, würden die Leute dort das Gleiche tun.“Doch so sind es eben die Briten, die sich mit Klagen über fingierte Lebensmittelvergiftungen und andere Unannehmlichkeiten die Urlaubskosten wieder hereinholen. Laut britischem Reiseverband ABTA stieg die Zahl der im Ausland klagenden Briten in den vergangenen drei Jahren um 500 Prozent, wobei auch die Türkei betroffen sei.
werben britische „Schadensmanagement-Unternehmen“laut Estatella ganz offen und ungeniert. So sei auf der Kanareninsel Teneriffa, woher mehr als ein Drittel aller Beschwerden stammen, ein Krankenwagen mit der Aufschrift „Claims Clinic“(Beschwerdeklinik) von Ort zu Ort und warb für seine Dienste. Die eigens gegründeten Firmen versprechen den Urlaubern bei einer Klage Entschädigungen in der Höhe von gleich mehreren Tausend Pfund. In dieser Saison liegen die Schadenersatzforderungen nach Angaben des Hotelverbandes bereits bei hundert Millionen Euro – und noch ist sie nicht zu Ende.
Bisher regelten die Betriebe die Klagen meist gütlich, um langwierige und kostspielige Prozesse in Großbritannien zu vermeiden. Angesichts der Flut an Klagen ist damit Schluss: Mit Privatdetektiven und Anzeigen bei der Polizei gehen die Hoteliers jetzt gegen dreiste Urlauber vor. So konnte ein Detektiv auf Mallorca beispielsweise aufdecken, dass die MagenDarm-Erkrankung eines Briten nicht vom Essen im All-inclusive-Resort stammte, sondern von den mehr als hundert Gin Tonics, die er konsumiert hatte.
Das britische Außenministerium nahm daher in seine Reisewarnungen auf: Vorgetäuschte Klagen haben in Spanien strafrechtliche Konsequenzen.