Steiermark: Nach Unwettern drohen erneut Gewitter.
Das Aufräumen nach den Unwettern in der Steiermark zeigt das Ausmaß der Katastrophe.
Der Schlamm steht noch immer zentimeterhoch im Keller, Feuerwehrleute räumen kübelweise den Dreck aus dem Haus von Herbert Kaiser. Direkt neben dem Gebäude war bis Samstag eine asphaltierte Straße, jetzt fließt dort ein richtiger Bach – Geröll, wohin das Auge schaut. Kaiser kann es noch immer nicht fassen: „Man kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie es vorher hier ausgeschaut hat“, sagt der Oberwölzer, der sein Auto für eine Weile stehen lassen muss. Denn zu- oder wegfahren ist ein Ding der Unmöglichkeit. „Ich realisiere erst langsam, was hier passiert ist“, erzählt Kaiser, der mit seiner Familie vor einem Jahr in sein Elternhaus gezogen ist. Und nun ernsthaft darüber nachdenkt, wieder wegzuziehen: „Ich habe derartige Gedanken“, sagt Kaiser mit traurigem Blick auf die Verwüstung.
Besorgte Blicke richten sich wiederum gen Himmel. Noch immer hängen graue Wolken über den vom Unwetter betroffenen Tälern im Bezirk Murau. „Es ist schon die nächste Front angesagt“, so Feuerwehrsprecher Walter Horn. Der Boden kann kein Wasser mehr aufnehmen.
„Hier sind solche WassermasSölkpass und wir wären bei uns daheim für Regen dankbar“, sagt Alfred Klöckl vom Bereichsfeuerwehrverband Radkersburg.
Er ist einer von rund 70 Kameraden, die gestern aus der Südoststeiermark angerückt sind, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Kämpft man in seiner Heimat mit Dürre, rinnen einem auf dem Weg nach Oberwölz auf der Straße kleine Bäche entgegen. Vieles ist zerstört, zum Teil massiv. „Der wird in diesem Jahr sicher nicht mehr aufsperren“, erzählt Rudolf Mürzl, Bürgermeister von Schöder. Sein Vorgänger Alois Gruber kann sein Zuhause auch nicht mehr verlassen – außer zu Fuß: „Kein Strom, kein Telefon, keine Straße.“So fasst er die Situation nach dem Unwetter zusammen, allerdings: „Dass das Haus unbeschädigt ist, ist ein Wunder.“
Schwer von den Unwettern getroffen wurde auch der Besen,
zirk Murtal. Kobenz, Flatschach und das gesamte Pölstal sind zum Katastrophengebiet erklärt worden, mehr als 350 Mal musste die Feuerwehr allein im Raum Knittelfeld ausrücken.
Das Aufräumen wird Tage dauern “, erklärt Bereichs feuerwehr kommandant ErwinGrangl mit Blick auf Kobenz. 120 Feuerwehrleute aus der Region und 77 Helfer aus Graz-Umgebung schaufeln Tonnen an Schlamm von den Straßen. Der Bach sei binnen Minuten um fast zwei Meter gestiegen, berichten Augenzeugen. 15 Autos sind mitgerissen worden, eines davon tauchte erst in Leoben wieder auf, ein anderes steckt mitten in einem völlig zerstörten Stall, ein drittes liegt auf einem Misthaufen. „Wir denken nur mehr von Tag zu Tag. Und hoffen, dass kein Regen mehr kommt.“
Ein Bild der Verwüstung bietet sich auch im Bretsteingraben, Gemeinde Pölstal. Muren haben die Gemeindestraße meterhoch verschüttet, Anrainer waren eingeschlossen. Noch gestern querten Sturzbäche die Straße. „Wir können nichts tun, nur warten, wann das Wasser weniger wird“, so Kommandant Josef Mayerl. Er und sein Team sind nur knapp dem Unglück entgangen. „Im Finstern siehst du die Muren nicht kommen. Plötzlich haben sich die Bäume zu biegen begonnen, das Wasser ist hervorgeschossen, wir sind gelaufen.“Ein Hubschrauber der Landeswarnzentrale überflog das Gebiet, Geologen suchen nach Rissen im Gelände. Erst in den nächsten Tagen wird feststehen, wie groß die Gefahr weiterer Hangrutschungen ist. Zu Fuß gehen heißt es derzeit für 45 Bewohner aus Oberzeiring – der Zugtalbach hat eine Straße mit sich gerissen, vom Asphalt ist nichts mehr zu sehen. „Uns sind fast die Tränen gekommen. Samstag haben wir alles aufgeräumt, Sonntag standen wir wieder vor dem Nichts“, seufzt Bürgermeister Alois Mayer.
In Donnersbachwald im Bezirk Liezen wüteten gleich zwei Bäche. Von Freitag auf Samstag überflutete der Donnersbach den südlichen Teil der Ortschaft, von Samstag auf Sonntag lief der Mörsbach über und überschwemmte den nördlichen Teil. „Es ist alles so schnell gegangen“, schildert Werner Krzan das Horrorwochenende, betont aber, dass er noch Glück hatte. „Wenn ich mir die Schäden von Nachbarn anschaue, hatten wir wirklich Glück.“Trotzdem fürchtet er sich vor neuerlichen Unwettern. „Man kann nur beten, dass es nicht wieder passiert.“Derzeit kommt man nur blockweise in den Ort, da die Straße teilweise weggeschwemmt wurde.
Sowohl in Donnersbachwald als auch in Öblarn und Sölk wurde gestern aufgeräumt. St. Nikolai im Sölktal wird derzeit nur über ein Kraftwerk im Tal mit Strom versorgt, weil die Leitung ins Ennstal gerissen ist.