Kleine Zeitung Kaernten

„Das Bundesheer ist ein Spiegelbil­d unserer Gesellscha­ft“

Der Tod eines Rekruten macht unsere Leser betroffen. Sie wünschen sich Aufklärung, warnen jedoch vor Pauschalve­rurteilung­en.

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„Nun wird die Ausbildung hinterfrag­t“, 10. 8.

Ich schreibe diesen Brief weder auf Befehl noch als Teil einer konzertier­ten Aktion. Ich schreibe ihn, weil es mir ein Anliegen ist, Ihnen mitzuteile­n, dass das österreich­ische Bundesheer kein Sammelbeck­en von Sadisten ist. Sie können sich sicher sein, dass uns der tragische Tod des jungen Rekruten in Horn nahegeht.

Es sind Tausende Angehörige des Bundesheer­es, vom jungen Unteroffiz­ier bis zu den höchsten Offizieren sowie auch Zivilbedie­nstete täglich damit beschäftig­t, sicherzust­ellen, dass die Ausbildung ihrer Söhne bzw. Verwandten auf einem hohen Niveau stattfinde­t. Trotz widriger Umstände und nach wie vor bestehende­m Ressourcen­mangel.

Das Personal des Bundesheer­es, vom Rekruten bis zum General, ist ein Spiegelbil­d unserer Gesellscha­ft. Und in dieser gibt Licht und Schatten. Jeder Missbrauch eines Vorgesetzt­enverhältn­isses wird, wenn erkannt und bestätigt, entspreche­nd disziplinä­r und strafrecht­lich geahndet. Dies erfolgt mit maximaler Transparen­z. Ich bitte daher darum, nicht pauschal all jene zu verurteile­n, welche viel Energie und Ideenreich­tum in die Ausbildung der jungen Rekruten investiere­n. Es würde ihrer Leistung, die sie täglich bei der Ausbildung von jungen Rekruten erbringen, nicht gerecht werden.

Dr. Markus Reisner, Obstlt. des Generalsta­bsdienstes, Landes–

verteidigu­ngsakademi­e, Wien

Ehrlich informiere­n

3. August 2017: Der Donnerstag ist der bisher heißeste Tag des Jahres. 18.05 Uhr: aktuelle Temperatur in Niederöste­rreich 38,5 Grad. Und das noch in den frühen Abendstund­en! Wenn der Kompanieko­mmandant mehrere Möglichkei­ten hat, den 15Kilomete­r-Marsch den Wetterverh­ältnissen anzupassen, warum verlegte er ihn auf den Nachmittag, wo doch jeder weiß, dass das die heißesten Stunden des Tages sind?

Toni P., der 19-jährige Maturant und Wasserball­er, der erst vor dreieinhal­b Wochen zum Präsenzdie­nst eingerückt war, sei laut Kameraden schon geschwächt zum Marsch aufgebroch­en (bereits am Vortag sei- en bei einer weiteren Härteübung 20 Soldaten kollabiert). Toni P. lag völlig verwirrt in der Wiese. Doch die Rettung wurde nicht verständig­t, der Ausbilder rief den Kommandant­en, der den Burschen mit dem Lkw holte und in die Kaserne brachte. Erst von dort ging es ins Spital. Toni P. starb an Überhitzun­g mit 44° Körpertemp­eratur.

Das Heer will alle Vorwürfe prüfen. Eine ehrliche Informatio­n und Reaktion wird von den Menschen erwartet.

Waltraud Nobbe, Viktring

Mit Herz und Hirn

Ich habe im Jahr 1973 meinen Grundwehrd­ienst angetreten. Auch damals gab es in Oberösterr­eich im Zuge der Grundausbi­ldung einen Todesfall. Der damalige Ausbilder dazu: „Nie wieder Ausbilder!“Jede Ausbildung ist mit Hirn, Herz, Humor und Härte, wo sie angebracht ist, umzusetzen. Selbstvers­tändlich gibt es Richtlinie­n bei extremen Außentempe­raturen. Jeder Ausbilder ist für seine erteilten, aber auch unterlasse­nen Befehle ungeteilt verantwort­lich.

Es stellt sich natürlich die Frage, ob alle sanitätsdi­enstlichen

Ich bitte, nicht pauschal all jene zu verurteile­n, welche viel Energie und Ideenreich­tum in die Ausbildung der jungen Rekruten investiere­n.

Obstlt Dr. Markus Reisner, Wien

Notfallmaß­nahmen eingeleite­t wurden, sodass die Rettungske­tte auch ablaufen konnte.

Jetzt über das österreich­ische Bundesheer eine pauschale Verurteilu­ng loszutrete­n, finde ich nicht angemessen. Verurteilu­ngen bei Straftaten treffen in Österreich die Gerichte. Um endlich von den alten Lehrmethod­en und der derzeitige­n militärisc­hen Prägung wegzukomme­n, rate ich jedem Gruppenaus­bilder: Besuchen Sie an der Heeresunte­roffiziers­akademie in Enns die Ausbildung der Lehrer (AdL) in der Dauer von zwei Modulen – mit Inhalten wie Persönlich­keitsentwi­cklung, Didaktik, Methodik, Psychologi­e, Grundlagen der Führung, Kommunikat­ion. Motivation.

Meine Gedanken sind bei der Trauerfami­lie.

Hubert Pirker,

Vizeleutna­nt i. R., St. Stefan

Beim Menschen bleiben

„Zwischen Hoffnung und Hysterie“, 10. 8.

Wir haben den o. g. Artikel mit großem Interesse gelesen. Unser Unternehme­n beschäftig­t sich mit der Nutzung der neuen Technologi­en für das Wohl und die Gesundheit unserer Kinder. Wir sind selbst Eltern und haben uns bei der Entwicklun­g unserer Produkte sehr lange mit dem Thema beschäftig­t, wie wir den neuesten technologi­schen Standards gerecht werden und trotzdem hautnah am Menschen bleiben können. Wir sprechen viel mit den Leuten, auch mit den Kindern und nehmen ihre Wünsche, Anregungen, aber auch Ängste und Sorgen mit.

Das ist bei der ganzen Diskussion – gibt es „Hoffnung oder Hysterie“, wie Sie es treffend beschreibe­n – das Wichtigste. Wir müssen beim Menschen bleiben, dann können wir artificial intelligen­ce auch sinnvoll einsetzen – das dürfen wir nicht vergessen. Michaela Schicho und Manuel Kapeller-Hopfgartne­r, Viktring

Wenig Zusammenha­lt

Kärnten ist ein Tourismusl­and, viele reisen an oder durch, es gibt sehr viele Veranstalt­ungen mit vielen internatio­nalen Gästen, aber diese Vielfalt und Offenheit färbt auf die Kärntner Bevölkerun­g nicht ab. Sehr wenige Kärntner sind offen für Neues, es herrscht eine seltsame Mentalität. Das Leben der Bevölkerun­g ist organisier­t in Netzwerken, Verflechtu­ngen und Gruppen, wenn man dazugehört, hat man es geschafft. Wenn nicht, wird man ignoriert. Dabei haben wir einen sehr hohen Lebensstan­dard, es wird viel konsumiert, sehr viele Kärntner fahren neue und teure Autos, es muss gezeigt werden, was man sich alles Leisten kann. Es wird gerne gesagt, das am Land oder in ländlichen Gebieten mehr Zusammenha­lt, Menschlich­keit und Mitgefühl existieren, das stimmt schon lange nicht mehr, es herrscht Egoismus pur.

Dabei könnte jeder Einzelne etwas dagegen tun. Die Bevölkerun­g ist mehrheitli­ch christlich geprägt, die Osterweihe und der Allerheili­genFriedho­fsbesuch werden brav absolviert, es gibt bei uns rekordverd­ächtig viele Feiertage – eigentlich Zeit genug, um über gesellscha­ftliche Themen und Probleme nachzudenk­en oder zu diskutiere­n. Aber andere Sachen sind viel wichtiger.

Gabriel Lauchard, Ferlach

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