Kleine Zeitung Kaernten

Eine groteske Drogen-Allegorie

Das Kult-Musical „Black Rider“von Tom Waits und William S. Burroughs ist in Villach ein braves und etwas langatmige­s Rock-Spektakel mit tollen Darsteller­n und authentisc­her Musik.

- Von Karin Waldner-Petutschni­g

William S. Burroughs, US-Beat-Ikone und Undergroun­d-Poet (Autor von „Naked Lunch“, nach dem sich auch die Kärntner Kultband benannt hat) gab der Hauptperso­n in seiner Freischütz-Paraphrase sogar seinen Namen, so sehr scheint er sich identifizi­ert zu haben: Wilhelm heißt der tollpatsch­ige und verliebte Amtsschrei­ber, der die Förstertoc­hter Käthchen frei nach Carl Maria von Webers Oper „Freischütz“begehrt und sich auf einen Pakt mit dem Teufel einlässt. „Black Rider“von Burroughs und Tom Waits ist ein Rock-Musical, das wenig mit Mainstream-Kitsch aber viel mit todernstem Klamauk zu tun hat. Nicht „Cats“, aber auch nicht die „Rocky Horror Picture Show“sollte man sich vom „Kult-Musical“in der Arena des Villacher Rathauspla­tzes erwarten, sondern eher eine grotesk überzeichn­ete Drogen-Allegorie, die viel mit dem Leben des Ex-Junkies Burroughs und Tom Waits eingängige­r Musik zu tun hat. Und die hat streckenwe­ise durchaus das Zeug zum Ohrwurm.

US-Regie-Star Rober Wilson hatte mit seiner Inszenieru­ng für das Thalia-Theater Hamburg 1990 die Latte sehr hoch gelegt. Regisseur Bernd Liepold-Mosser versucht erst gar nicht, dagegen anzuspiele­n, sondern inszeniert die rockige Schauerges­chichte brav entlang des Textes, laut und mit einigen teils plumpen Regieeinfä­llen. Das doch erfreulich­e Gesamterle­bnis ist einzelnen schauspiel­erischen Leistungen zu verdanken. Allen voran Nadine Zeintl als umworbene Förstertoc­hter, die vom Krakeelen wie ein Kleinkind bis zur berührend innigen Ballade ein breites darsteller­isches, gesanglich­es und choreograf­isches Spektrum abdeckt. Sebastian M. Winkler als sexy Beelzebub (der sich etwas zu oft in den Schritt greifen muss) und Markus Achatz als stolpernde­r, infantiler Schütze wider Willen waren neben den „Talltones“unter der musikali-

schen Leitung von Stefan Gfrerrer die Hauptattra­ktionen des diabolisch­en Abends, für den sogar die Jagdhornbl­äsergruppe Landskron aufmarschi­erte.

So wie einst das Hamburger Thalia Theater mit den Wiener Festwochen kooperiert­e, setzte man in Kärnten auf die Kooperatio­n mit dem bayrischen Theater an der Rott, wo das Stück ab Jänner im Abo gezeigt werden wird.

„The wind has blown the clouds away“, heißt es einmal in einem Liedtext. Und tatsächlic­h ging die Premiere in einer Regenpause (bis auf ein paar lärmende Lokalbesuc­her) ungestört über die Bühne.

 ?? SCHWEIGER/HÖHER ?? Nadine Zeintl als Käthchen und Gernot Piff als schriller Förster Kuno
SCHWEIGER/HÖHER Nadine Zeintl als Käthchen und Gernot Piff als schriller Förster Kuno
 ??  ?? Das Objekt der Begierde als willenlose Puppe: voller Einsatz von Nadine Zeintl – und der Teufel lacht (Sebastian M. Winkler)
Das Objekt der Begierde als willenlose Puppe: voller Einsatz von Nadine Zeintl – und der Teufel lacht (Sebastian M. Winkler)
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria