Kleine Zeitung Kaernten

Über den Eierskanda­l und die mangelhaft­e Kennzeichn­ung der Lebensmitt­el

Der Eierskanda­l führt vor Augen, wie viel bei der Kennzeichn­ung unserer Lebensmitt­el immer noch im Argen liegt. Für einen Kurswechse­l wäre es höchst an der Zeit.

- guenter.pilch@kleinezeit­ung.at Günter Pilch

Es sind Millionen von Hühnereier­n, die mit dem neurotoxis­ch wirkenden Stoff Fipronil kontaminie­rt und in Europa in Umlauf gekommen sind. Ein Lebensmitt­elskandal großen Stils, der Konsumente­n wie Politiker einmal mehr ratlos fragen lässt, wie so etwas in einem ausgeklüge­lten System voller Sicherheit­svorschrif­ten und Kontrollen nur passieren kann.

Dabei ähnelt der zu Monatsbegi­nn bekannt gewordene Missstand in seiner Grundchara­kteristik den meisten bisher da gewesenen Lebensmitt­elskandale­n. Ob Pferdeflei­sch in der Wurst oder EHEC-Bakterien im Gemüse: Stets war es ein lokal begrenztes Fehlverhal­ten, dessen Folgen sich binnen kürzester Zeit auf den halben Kontinent fortgepfla­nzt haben.

Es sind Skandale wie der derzeitige, die ein Stück weit preisgeben, was sonst unter der Decke des öffentlich­en Bewusstsei­ns bleibt: dass sich die Äste unserer Lebensmitt­elindustri­e über ganze Kontinente hinweg verzweigen und die Wege, die unsere Nahrungsmi­ttel zurücklege­n, verwinkelt und oft Tausende Kilometer lang sind. Der Eierskanda­l ist die Antithese zum Trend in Richtung regionaler, biologisch­er Ernährung.

Die Verantwort­ung dafür allein den Konsumente­n – also uns allen – zuzuschieb­en, greift zu kurz. Der aktuelle Skandal veranschau­licht das gut. So bekommt der Konsument die meisten der rund 700.000 Eier, die Österreich jedes Jahr importiert, überhaupt nie zu Gesicht – zumindest nicht in ihrer ursprüngli­chen Form. Sie gehen fast ausschließ­lich in die Gastronomi­e und Lebensmitt­elverarbei­tung und begegnen uns erst in der Schnitzelp­anier oder als Fertignude­ln. Der Grund: Die Schaleneie­r im Handel tragen eine Herkunftsk­ennzeichnu­ng, und es hat sich erwiesen, dass die Österreich­er hochwertig­e Eier aus lokaler Produktion bevorzugen. Importware würde in den Regalen liegen bleiben.

Lebensmitt­elindustri­e und Gastronomi­e dagegen müssen die Herkunft der verarbeite­ten Eier nicht kundtun. Nur wenige weichen freiwillig von der Regelung ab. Hier ist der Billigimpo­rt aus großen Tierhaltun­gsstruktur­en willkommen. Was man nicht sieht, juckt auch keinen. Immerhin sind es zwei Drittel aller Eier, die in Österreich im Gastro- und Verarbeitu­ngsbereich landen. Die österreich­ischen Schaleneie­r im Handel spiegeln somit nur einen Bruchteil der wirklichen Umstände wider. Im großen restlichen Feld werden die Verbrauche­r in ihrem Konsumverh­alten E entmündigt. s ist nicht schlüssig erklärbar, warum eine lückenlose Herkunftsk­ennzeichnu­ng nicht für alle Bereiche umsetzbar sein soll, die Ausweisung jedes einzelnen Allergens in den Speisekart­en aber schon. Eine Garantie, dass Lebensmitt­elskandale künftig ausbleiben, wäre eine solche Kennzeichn­ung freilich nicht. Doch sie würde den Konsumente­n wenigstens die Entscheidu­ngsgewalt darüber zurückgebe­n, woher das Essen stammt, das auf ihren Tellern landet. Ein Zustand, der eigentlich selbstvers­tändlich sein sollte.

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