| Wetterfeste Alleskönner in luftigen Höhen. Vier Hüttenwirte im Porträt.
Sie sind Retter, Gourmetköche und Alleskönner: Hüttenwirte trotzen Wind und Wetter und schaffen Behaglichkeit in einer Welt der Extreme. Vier Porträts.
Diese Hütte ist nicht kinderfreundlich, sie ist extrem.“Toni Riepler weiß, wovon er spricht. Der 42-Jährige bewirtschaftet Österreichs höchstgelegene Schutzhütte, die Erzherzog-Johann-Hütte, eigentlich nur ein Haus mit einer Veranda – rundherum Abgrund. Auf 3454 Metern gibt es kein fließendes Wasser mehr für die Gäste. „Es ist Herausforderung und Privileg zugleich“, sagt Bergretter Riepler, der mit ersten Saison auf der Adlersruhe zufrieden ist. Dort oben, versorgt über eine Seilbahn, ist das Risiko hoch: Unfälle stehen in der Hochsaison oft an der Tagesordnung. Und der Wirt ist hautnah dabei. „Auch Personal, Wareneinsatz und das Leben weit weg von der Familie“zählen zu den Schwierigkeiten. Jetzt im Sommer hilft Tochter Natalie (11). Die kleinere Anna (5) und Ehefrau Brigitte, die gute Seele, bleiben im Tal. „Mit einer Familie ist es hier schwierig, weil die Bergsteiger nur den Glockner im Kopf haben“, sagt Riepler. Aber er macht es gut: Er holt die Gemütlichkeit auf 3454 Meter Seehöhe. Die Lebensader der Hütte ist die Transportseilbahn. „Wenn die ausfällt, wird es unmöglich“, sagt Riepler, der immer wieder zu Fuß ins Tal zu seiner Familie absteigt: In eineinhalb bis zwei Stunden runter und in drei Stunden hoch. Respekt!
700 Höhenmeter weiter unten, auf der Fanatscharte, betreibt Familie Oberlohr seit 20 Jahren die Stüdlhütte – Ausgangspunkt für den Glockner. Doch mit Ende der Saison am 8. oder 9. Oktober geht dort eine Ära zu Ende. Die Stüdlütte ist ein Treffpunkt alpiner Gourmets. Wenn zum Abendbuffet gerufen wird, werden Bergsteiger ganz andächtig: Mehrere Suppen, unzählige Salate, Vor- und Hauptspeisen. „Wir sind hier am Höhepunkt unserer Möglichkeiten angelangt. Was ich in Zukunft mache, weiß ich noch nicht“, sagt Georg Oberlohr. Die Zeit auf 2801 Metern war nicht immer leicht, die oberste Prämisse hieß aber immer Qualität. „Wir wollen, dass es in dem Stil weiter geht, wie es der Georg geseiner
Er ist dem Glockner am nächsten: Toni Riepler mit Tochter Natalie
macht hat. Mit viel Liebe zu den Bergen, zur Gastronomie und den Gästen“, sagt Tanja Heidtmann, stellvertretende Geschäftsführerin der Alpenverein-Sektion „München Oberland“, der die Hütte gehört.
Ganz neu sind Sigrid Kick und Rudi Holzapfel: Die beiden 37-Jährigen kommen aus dem Bayrischen Wald und haben alle Zelte abgebrochen, um das Fraganter-Schutzhaus zu übernehmen. Holzapfel war als Radiound Fernsehtechniker schon längere Zeit unglücklich und suchte nach einer Bestimmung. Schlussendlich ist es die Schutzhütte des Alpenvereines Klagenfurt geworden. Innerhalb kürzester Zeit haben sie sich eingelebt, ihre natürliche Art kommt bei den Gästen an. Der leidenschaftliche Koch Holzapfel zaubert jeden Tag frisches Essen auf die Tische der müden Wanderer: vom Kaiserschmarren bis zum Thai-Curry. Die 18-Stunden-Tage sind hart, doch man hofft, dass man bald mehr Personal anstellen kann: „Damit wir die Berge rundum alle abgehen können.“
Die Berge rundum kennt dafür Johann Pschernig. Der 58Jährige ist gemeinsam mit Ehefrau Maria (55) seit 33 Jahren Pächter der Reißeckhütte. Und es ist bereits seine dritte Saison ohne Höhenbahn. Doch Pschernig gibt nicht auf – auch wenn der Fußmarsch für die Gäste von fast allen Seiten länger wurde. „Es kommen wieder mehr Leute“, sagt der Hüttenwirt. Daher werden die Pschernigs auch bleiben. Sogar ein Wandertaxi ist angedacht, dass die Gäste bis auf den Burgstall bringt. Ein Hüttenwirt gibt eben nicht auf – egal wie widrig die Verhältnisse sind. Das ist er seinen Gästen schuldig.
PRIVAT/ TONI RIEPLER