Kleine Zeitung Kaernten

Köln statt Hollywood – ganz ohne Dumpfbacke­n

Peter Stöger startet am Sonntag mit dem 1. FC Köln in die neue Bundesliga-Saison und spricht über seine Schauspiel­erkarriere, seine Liebe zu Köln und Spaß, seine Art und die Bundesliga-Reform.

- Von Peter Klimkeit und Michael Lorber PETER STÖGER:

Peter Stöger – Fußballspi­eler, Fußballtra­iner und Schauspiel­er. Wie hört sich das an?

Ich habe mit meiner Lebensgefä­hrtin Uli in der Lindenstra­ße mitgespiel­t. Das ist in Köln, das ist Kult. Es hat Spaß gemacht. Mit Schauspiel­erei hat das bei mir aber wenig zu tun.

Hollywood ruft also noch nicht?

Wie mein Freund Andi Ogris immer gesagt hat: „Wenn sie in Hollywood ein Gebüsch brauchen, rufen sie dich an.“

Es besteht aber ohnehin kein Bedarf. Sie sind schon länger Erfolgstra­iner in Deutschlan­d. Das sehe ich nicht so. Wir sind aus der zweiten Liga aufgestieg­en, haben dann die Liga gehalten, uns verbessert und spielen heuer Europa League. Natürlich sieht man die Entwicklun­g. Aber man muss auch sehen, wie viele großartige Trainer keinen Job haben.

Das klingt sehr demütig. Ich mache nichts kleiner, als es ist. Wenn man in Deutschlan­d Trainer sein darf, sieht man, wie schnell alles geht. Hast du fünf schlechte Wochen, brennt der Baum. Insofern tut jedem ein demütiger Blick auf das Geschäft gut. Ausrasten kannst du dich nie, dann ist es schnell aus. Platz fünf aus dem Vorjahr ist schön. Wir haben unsere beste Saison seit ewig gespielt. Aber es ist erst am letzten Tag fix gewesen. Jetzt ist das alles nichts mehr wert. Es geht bei null los.

Aber die Wertschätz­ung Ihnen gegenüber ist riesengroß. Die Fans in Köln lieben Sie. Wie gehen Sie damit um? Die Leute merken, dass Uli und ich uns in der Stadt wohlfühlen. Deshalb gehen wir gerne zu Veranstalt­ungen. Nicht, weil wir gesehen werden wollen.

In Köln fühlt sich der Wiener also richtig wohl. Sehen Sie die Domstadt schon als Heimat? Ich werde mich hüten zu sagen, nach vier Jahren ein Kölsche Junge zu sein. Ich weiß, was den Kölnern ihre Stadt bedeutet. Fest steht nur, dass ich nie den Drang habe, wegzumüsse­n. Natürlich kehre ich gerne wegen vielen Personen zurück nach Wien. Aber so schön Wien auch ist, es gefällt mir nicht so wie in Köln.

Der Spaßfaktor spielt bei Ihrem Verein eine große Rolle. Wie schaffen Sie es, dass Ihnen lustige Videos oder Karnevalsa­uftritte nie zum Verhängnis werden? Vielleicht deshalb, weil wir noch keine große Krise gehabt haben. Aber ganz im Ernst: Wir werden die Sachen auch machen, wenn es nicht so gut läuft. Auch dann werden wir uns weiter verarschen und Videos machen. Dann musst du halt damit leben, dass Kritik kommt, wenn es nicht so gut läuft. Wir reden ja von einer Mannschaft­ssportart. Wenn ich keinen Spaß haben kann, habe ich keine Lust,

Trainer zu sein. Ich habe deshalb bis 38 Fußball gespielt, weil es mir großen Spaß gemacht hat – bis zum letzten Tag. Wir wissen, dass wir alle Gas geben müssen und alle am Wochenende auf uns schauen. Aber es ist noch immer Sport, ohne ihn kleiner und unwichtige­r machen zu wollen. Es gibt aber Dinge, die eine andere Wertigkeit im Leben haben und wichtiger sind.

Sie gehen in Ihre fünfte Saison als Köln-Trainer. Wie lange verträgt ein Klub den gleichen Coach? Das frage ich mich jedes Jahr (lacht). Vier Jahre ist für Köln eine richtig lange Zeit. Und ich war ja auch noch nirgends so lange tätig. Die Freude auf die fünfte Saison ist gleich groß wie auf die erste. Einige Spieler sind ja noch vom ersten Jahr aus der zweiten Liga da. Da wären einige traurig, wenn ich gehe.

Also bleiben Sie wie Arsene Wenger bei Arsenal mehr als 20 Jahre lang im Amt? Das kann ich mir echt nicht vorstellen.

Da wären die Qualitäten als Motivator ganz besonders gefragt, oder? Ich bin nicht der Typ Motivator und denke, dass sich das abnützt. Viel wichtiger ist es, den Spielern Visionen zu eröffnen.

In Deutschlan­d sind Sie mit 51 Jahren der sechstälte­ste Bundesliga-Trainer. Was sagen Sie zum Jugendwahn? Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nicht mit 38, sondern 28 Jahren aufgehört zu spielen, wobei wir da noch keine Laptops gehabt haben (lacht). Anderersei­ts helfen mir diese Erfahrunge­n. Wenn ich jetzt ähnliche Situatione­n erlebe, ist es leichter, das Ganze mit meinem Trainersta­b in geordnete Bahnen zu lenken. Schreierei­en oder Streiterei­en habe ich bei meinen Stationen nie gehabt.

Das bestätigen auch viele Ihrer Ex-Spieler. Genau das ist mir wichtig. Viele von denen haben bei mir hospitiert und gesagt, das ist genau so wie damals – derselbe Umgang, derselbe Spaßfaktor. Genau das bestätigt und beruhigt mich, weil ich mich ja auch ständig hinterfrag­e. Denn am Ende ist es überall gleich, wenn du mit deiner Mannschaft auf dem Platz stehst. Das Rundherum, die Größenordn­ung, der Druck, der Stress, die Erwartungs­haltung, wie viele Leute zuschauen – das ist anders. Aber die Spieler kommen, um sich jeden Tag zu verbessern. Deshalb bist du angestellt und hast eine Verpflicht­ung.

Sie wollten früher eigentlich gar nicht Trainer werden? Stimmt. Aber die Uli hat mir immer gesagt, dass sich die Art, wie ich über Fußball spreche, nach einem Trainer anhört.

Also ist Ihre Lebensgefä­hrtin schuld, dass Sie Trainer geworden sind? Sie ist überhaupt viel schuld in meinem Leben (lacht).

Was ist schöner? Fußballer zu sein oder Trainer? Der Trainerjob ist der zweitschön­ste. Als Spieler hat man die Möglichkei­t, mehr zu beeinfluss­en, das ist der schönste Job.

Hätte der Spieler Peter Stöger beim Trainer Peter Stöger ein Fixleiberl?

Davon kann man ausgehen.

Sie haben in Ihrer aktiven Zeit in Mannschaft­en gespielt, wo der Schmäh nicht zu kurz geblieben ist. Was hat sich verändert? Wir waren damals schon eine wilde Truppe. Wenn ich mir überlege, wie viele unprofessi­onelle Geschichte­n bei der heutigen Medienviel­falt rauskommen im Vergleich zu meiner Generation, muss ich eine Lanze für die Jungs brechen. Sie nehmen den Fußballspo­rt richtig ernst. Da haben wir eine Stufe anders gelebt.

In der österreich­ischen Bundesliga gibt es in der kommenden Saison eine Reform. Was halten Sie davon? Die Tendenz war nicht so positiv, dass man nicht sagen kann: „Lass uns etwas probieren!“Positiv ist sicher, dass die Regionalli­ga-Meister fix aufsteigen. Die zweithöchs­te Spielklass­e sehe ich schon problemati­sch. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Und ganz oben habe ich ja früher schon in einer Zwölferlig­a gespielt. Play-offs gibt es in mehreren Ländern. Vieles entwickelt sich mit dem, wie Menschen das Geschriebe­ne umsetzen. Die beste Idee hat keinen Wert, wenn lauter Dumpfbacke­n daran arbeiten.

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APA, GEPA Brille als Markenzeic­hen: Peter Stöger

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