Adolf Winkler über die Air-Berlin-Trümmer, die bald im Hangar der Lufthansa landen dürften, und die Zukunft von Fly Niki.
Die Air-Berlin-Trümmer dürften im Hangar der Lufthansa landen. Die flugtüchtige FlyNiki könnte trotz Brexit bald „very british“dem Easyjet-Hub Wien Gewicht verleihen.
Scheich Ahmed Bin Saif Al Nahyan, Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, beschert der deutschen Luftfahrt und dem deutschen Wahlkampf einen heißen August. Dass der Begründer und Präsident von Etihad als Haupteigentümer der Air Berlin den Geldhahn abgedreht hat, war keine Überraschung mehr. Spätestens mit der Pleite der Tochter Alitalia hatte Etihad das Scheitern eingestanden, mit einer Milliardenexpansion in Europa zum benachbarten arabischen Fluggiganten Emirates aufzuholen. Dass auch die Air Berlin dabei nicht mehr vom Boden kommen würde, war mit ihrer „Luftfracht“von 1,2 Milliarden Euro Schulden absehbar.
Jetzt geht es bei der insolventen Air Berlin nur noch um die Bestattungskosten und die Erbverhandlungen um den letzten Familienschmuck – Start- und Landerechte in Berlin und Düsseldorf, die Flugzeuge waren ja schon nur noch teuer geleast. Ob der sofort einbrechende Ticketverkauf den Betrieb überhaupt bis zu Beginn des Insolvenzverfahrens am 1. November zulassen wird, ist trotz eiliger Staatsbürgschaft fraglich.
Um deutsche Urlaubslaunen und den eigenen Wahlkampf nicht zu trüben, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 150 Millionen Euro den Totalabsturz des Air-Berlin-Betriebs und Flughafenchaos quer durch Europas Feriengebiete vorerst abgewendet. Ob der „Übergangskredit“noch je an Bord der Steuerzahler zurückgeholt werden kann, wird nach der Bundestagswahl nicht mehr so heiß gegessen werden.
Indem sich der Staat einklinkt, sollte auch keine Schubumkehr bei der geplanten Andockung der Air-Berlin-Masse an die Lufthansa-Tochter Eurowings passieren. Ganz in die Fänge sollte der Kranich die Beute aber nicht bekommen. Schon hat aus Dublin RyanairBoss Michael O’Leary wütend die EU-Wettbewerbskommission angerufen, einem Luftfahrtmonopol über Deutschland Einhalt zu gebieten.
Mit einer kartellrechtlich absehbaren Aufteilung von Air Berlin und Tochter Niki kann es für den Flughafen Wien interessant werden. Am angepeilten Hub Vienna für Easyjet Europe wäre Niki die passende Ergänzung, nachdem auch der Touristikkonzern TUI eine gemeinsame Ferienfluglinie aus Tuifly und Niki abgesagt hatte. Das Niki-Personal, für das laufende Kollektivvertragsverhandlungen vorerst ausgesetzt wurden, könnte trotz Brexit bald unter britischerD Führung fliegen. ie Air-Berlin-Bauchlandung mag die kontinentale Ferienfliegerei bereinigen und neu ordnen. Bei den einträglichen Langstreckenflügen wird der Wettbewerb für Lufthansa oder Air-FranceKLM mit Konkurrenten wie Emirates weiter zunehmen. Zwar hat die Internationale Luftfahrtvereinigung IATA bei ihrer jüngsten Konferenz in Cancun der Branche für heuer 31,4 Milliarden US-Dollar Gewinn vorhergesagt, 2015 waren es dank billigerem Treibstoff aber noch 43,8 Milliarden. Der US-Ausstieg aus dem Klimaschutzabkommen von Paris sorgt für Verunsicherung.