Kleine Zeitung Kaernten

„Ich singe nicht und ichraunze nicht“

INTERVIEW. Ehrenpräsi­dent Rudolf Edlinger spricht über die prekäre Situation bei Rapid, die Kritik ehemaliger Spieler und die Hardcore-Fans.

- Von Peter Klimkeit

Herr Edlinger, reden Sie derzeit lieber über die SPÖ oder über Rapid?

RUDOLF EDLINGER (lacht): Das kommt ganz darauf an, was für Sie von größerer Bedeutung ist und was Sie mich fragen.

Interessan­t ist beides, aber bleiben wir bei Rapid. Was läuft derzeit schief in Ihrem Klub? Wir haben in den letzten Jahren zu viele Spieler mit zu geringem Niveau verpflicht­et und jetzt haben wir das Problem eines zu großen Kaders. Bevor wir an weitere Verpflicht­ungen denken können, müssen Spieler weg.

Ist es nur die Qualität des Kaders? Ober gibt es tiefer liegende Gründe für die aktuelle Situation? Das kann ich nicht beurteilen, weil ich in keiner Leitungsfu­nktion mehr tätig bin. Ich bin faktisch eine Antiquität, die man Ehrenpräsi­dent nennt.

Aber Sie wissen als ehemaliges Vereinsobe­rhaupt und jetzige „Antiquität“trotzdem bestens, wie es bei Grün-Weiß läuft. Da mische ich mich nicht ein. Ich halte Michael Krammer für einen hervorrage­nden Präsidente­n, der derzeit große Probleme hat. Es macht halt einen Unterschie­d, ob die HardcoreFa­ns in einen VW-Bus passen oder sie einen Sonderzug brauchen.

Weil Sie es ansprechen. Sie hatten ja auch immer wieder Probleme mit den Hardcore-Fans. Sicherlich. Als ich 2001 Präsident geworden bin, waren die Hardcore-Fans ganz andere. Da haben die jetzigen HardecoreF­ans noch in die Windel gemacht. Das hat mich in meiner zwölfjähri­gen Amtszeit massiv beschäftig­t.

Ist das „Fan“-Problem zu lösen? Ich kenne keinen einzigen Vorschlag, der machbar wäre und tatsächlic­h eine radikale Veränderun­g der Situation herbeifüh-

würde. Man muss mit den Leuten reden. Aber kaum haben sie eine Gruppierun­g im Griff, kommen neue Leute nach.

Kann man mit den HardcoreGr­uppierunge­n überhaupt noch reden? Mit einem übergroßen Teil der Fanklubs gibt es Gespräche und Kontakte. Aber darunter verbergen sich ein paar Dutzend Leute, die Verrückte sind und ihre Aggression­en, wo immer sie auch entstanden sind, ausleben. Doch das ist kein spezielles Problem des SK Rapid.

Auch während Ihrer Amtszeit gab es Probleme. Das Jahr 2011 mit dem Platzsturm war hart und dann kamen die Vorfälle in Saloniki. Das war eine harte Zeit. Aber wenn Sie so ein Amt übernehmen, brauchen Sie auch ein bestimmtes Maß an emotionale­m Masochismu­s. Sonst geht es nicht. Ich war ja schon in Pension, als ich Präsident geworden bin. Diese Aufregunge­n haben mich jung gehalten. Ich hatte gar keine Zeit, um einzuschla­fen.

Spaß und Sarkasmus beiseite. Was kann man tun in der aktuellen Situation? Es gibt nicht DIE Maßnahme für DAS Problem. Wenn ich die wüsste, hätte ich sie mir bei der FIFA schon patentiere­n lassen. Man kann nur ein Bukett von Maßnahmen setzen: Gespräche führen, Kontrollen verstärken, massive Sanktionen – sprich Stadionver­bote – ausspreche­n. Das Problem dabei ist die Beweisführ­ung. Aber Fakt ist: Wir müssen wieder gewinnen. Wir spielen nicht Fußball, damit sich 26.000 Leute freuen, sondern wir spielen Fußball, um zu gewinnen. Und wenn das nicht so ist, kommt es zu Polarisier­ungen, die ich verurteile.

Sollte man nicht mit der Faust auf den Tisch hauen und klare Richtlinie­n festlegen?

Ich kenne keine einzige Proren blemlösung, die mit dem Faustauf-den-Tisch-Hauen funktionie­rt hat. Das ist aggressiv und ruft auf der Gegenseite erneut Aggression hervor. Aber wenn man Übeltäter ohne Zweifel orten kann, dann gehören sie rausgeschm­issen. Es gibt keinen anderen Sport wie Fußball, der so viele Menschen bewegt und in den Ansichten polarisier­t. Die Quantität sorgt leider für Unübersich­tlichkeit. Manche Anhänger einer politische­n Partei wechseln schnell das Hemd. Im Fußball wäre es unmöglich, von Rapid zur Austria zu wechseln oder umgekehrt.

Sie haben eingangs den Kader angesproch­en. Sollte Rapid in der Transferze­it noch einmal aktiv werden? Ich schätze das jetzige Präsidium, das sind alles Persönlich­keiten mit großer Reputation. Ich mische mich da nicht ein. Hintenheru­m zu reden ist so einfach. Es gibt ja auch ehemalige Fußballer, die plötzlich glauben, sie seien Sänger oder Journalist­en. Ich singe nicht und ich raunze nicht.

Wie können Sie helfen, Rapid aus der Krise zu manövriere­n? Ich denke, dass ich bei einem nicht unwesentli­chen Teil der Rapid-Fans Reputation habe. Die werde ich einsetzen. Es ist ja auch mein Herzensver­ein.

Zurück zum Sportliche­n: Wo landet Rapid zum Ende der Meistersch­aft? Ich bin überzeugt davon, dass wir unter die ersten drei kommen. Bisher haben wir vier Punkte hergeschen­kt.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria